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Kirche in WDR 2 | 11.03.2024 | 05:55 Uhr
Ein bunter Regenbogen
Und ehrlich gesagt: ich habe dafür ja großes Verständnis. Mit großer Leidenschaft hat Gott die Schöpfung gemacht, so erzählt die Bibel. Wundervolle Pflanzen, eindrucksvolle Tiere, und zum Schluss den Menschen. „Und Gott sah, dass es gut war“. Tja. Gott ist glücklich und zufrieden. Und er ist bestimmt davon ausgegangen, dass der Mensch seine Freiheit zu schätzen weiß. Doch was macht der? Ist eifersüchtig und neidisch, gönnt dem anderen nicht das Schwarze unter dem Nagel, die Männer machen einen auf Kriegsheld und Macho, und Kain bringt sogar seinen Bruder Abel um. Freiheit bedeutet eben Entscheidungsfreiheit. Licht und Schatten. Herz und Stein. Liebe und Hass. Mitgefühl und Gleichgültigkeit. Beides ist Realität, und beides gibts ja bei uns Menschen, wie in einem Kessel Eintopf.
Die Welt ist voller herrlicher Möglichkeiten! Und was machen die Menschen? Ukraine überfallen, Nachbarn beschimpfen, Steuern hinterziehen, Umwelt versauen, Tiere quälen, Zeit verplempern, Talente vergeuden, Kinder entmutigen. Mann, da müsste ich mich auch zusammenreißen, wenn ich Gott wäre. Und die Bibel erzählt tatsächlich, dass bei Gott quasi tatsächlich der Kessel übergelaufen ist. Genau: das ist die Geschichte mit der Flut. Sie ist eine Art Gedankenspiel: Ist eine Welt, die öd und leer ist vielleicht doch die bessere Welt?
Nein, das ist sie nicht. Die Antwort der Bibel ist der Regenbogen. Es macht keinen Sinn, das Böse zu ignorieren, mit dem die Welt ja auch angefüllt ist, all die Lieblosigkeit und die Grenzen, die ja auch mir selbst zu schaffen machen. Da kann einem um Gottes Willen schon mal die Hutschnur reißen. Aber der Regenbogen ist eine Art Unterhaken Gottes mit allem, was lebt und das Leben liebt. Mit allen, die leidenschaftlich das Leben und die Gerechtigkeit verteidigen. Mit Menschen wie Noah, der sein Schiff mit den Tieren teilt. Mit all den Lehreinnen und Lehrern, die sich auch heute wieder auch um die Kinder kümmern, denen das Lernen schwerfällt. Mit den Millionen Pflegerinnen und Pflegern in den Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen. All den Friedensstifterinnen und Versöhnern, all den Wachsamen und Freundlichen, Großherzigen und Geduldigen. Sie alle stehen doch im bunten Regenbogenlicht. Das verwandelt das öde Nichts in bunte Orte von Aufmerksamkeit und Liebe. Jede Woche aufs Neue. Und nicht nur an einem Montagmorgen.