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Kirche in WDR 2 | 08.03.2024 | 05:55 Uhr
Feminismus intersektional
Autorin:
Stell dir vor deinem inneren Auge eine Straßenkreuzung vor. Aus verschiedenen Richtungen laufen die Straßen auf eine Mitte zu. Auf dieser Kreuzung sitzt eine schwarze Frau. Die Straßen stehen für unterschiedliche Diskriminierungsformen, von denen sie gleichzeitig betroffen ist. Dieses Bild ist eine Beschreibung von Intersektionalität. Intersection bedeutet Kreuzung. So erklärt die Juristin Kimberlé Crenshaw, dass sich verschiedene Diskriminierungen wie Rassismus und Sexismus überschneiden wie Straßenkreuzungen. Die Frau auf der Kreuzung erlebt Diskriminierung gleich mehrfach: weil sie Frau ist und weil sie schwarz ist. Feminismus, so Crenshaws Anliegen, muss deshalb weit, nämlich intersektional gedacht werden.
O-Ton:
Das Entscheidende ist, dass Intersektionalität nicht nur die weiße mittelständische Frau ins Zentrum stellt, sondern sich in Erinnerung ruft, dass es ganz unterschiedliche Biografien von Frauen gibt.
Autorin:
sagt Alena Höfer. Als Theologin arbeitet in der Evangelischen Kirche von Westfalen und beschäftigt sich mit intersektionalem Feminismus. Mit diesem sensiblen Blick schaut sie auch auf biblische Figuren. Zum Beispiel Rahab. In einer Geschichte hilft Rahab israelischen Kundschaftern, aus der Stadt Jericho zu fliehen. Sie ist eine Fremde. Und eine Prostituierte.
O-Ton:
…An dieser
Biografie sehen wir, dass sie von unterschiedlichen Diskriminierungsformen
gleichzeitig betroffen gewesen sein muss, z.B. von Rassismus bzw.
Fremdenfeindlichkeit, von Klassismus, weil sie eine Prostituierte war und damit
unten in der Gesellschaft gestanden hat, und eben auch, weil sie eine Frau
war.
Autorin:
Rahab muss damals eine große Bedeutung gehabt haben, denn sie kommt sogar im Stammbaum von Jesus vor. Ungewöhnlich, weil biblische Stammbäume sonst nur männliche Namen nennen. Ungewöhnlich auch, weil Rahab als Fremde und Prostituierte eine Frau am Rand der Gesellschaft gewesen sein muss.
O-Ton
Rahab zu betrachten, bedeutet für mich heute, unterschiedliche Menschen in den
Blick zu nehmen und sich immer wieder darauf zu besinnen: Es gibt nicht nur
meine Realität, sondern es gibt daneben noch viele andere Realitäten,
christlich sein heißt eben, diesen Plural ernst zu nehmen.
Autorin:
So Alena Höfer. Heute, am internationalen Frauentag, will ich genau diesen
Plural wahrnehmen. Denn die Gleichberechtigung von Frauen kann nur
funktionieren, wenn man auch gegen Rassismus, Sexismus, Klassismus und andere
Diskriminierungen kämpft. In diesem Sinne: Einen fröhlichen intersektionalen
Frauentag!
Weitere Informationen:
8. März: Internationaler Frauentag | Hintergrund aktuell | bpb.de
Kimberle W. Crenshaw | Columbia Law School
Intersektionalität – Deutscher Frauenring (deutscher-frauenring.de)
Redaktion: Landespfarrer Dr. Titus Reinmuth