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Kirche in WDR 2 | 29.02.2024 | 05:55 Uhr
Heja, BVB!
Einer dieser Sätze ist: „Ne, Frau Hachenberg: Heja, BVB.“ Der fällt immer dann, wenn einer von uns etwas getan hat, was er besser nicht hätte tun sollen – aber auf ein gnädiges Gegenüber gestoßen ist. Wenn man Unfug gemacht hat, aber der andere großzügig war. „Ne, Frau Hachenberg: Heja, BVB.“
Und weil ich Sie nicht auf die Folter spannen möchte: Hier die ganze Geschichte. Frau Hachenberg ist eine liebe, gute Freundin. Sie ist leidenschaftlicher Borussia-Fan. Und sie ist Lehrerin. An einer Grundschule.
Frau Hachenberg ist im Übrigen ausgesprochen gewissenhaft. Und extrem fürsorglich. Auf eine sauerländisch-robuste, westfälisch-herzliche Art. Die würde alles für ihre Schüler tun. Und wenn ich sage: „Alles!“. Dann meine ich: „Alles“. Das sage ich deshalb, weil ihr an einem Tag etwas passiert ist, was wohl niemand für möglich gehalten hätte: Sie hatte ein Kind nach dem Sportunterricht in der Turnhalle vergessen – und dort eingesperrt. Keine Panik – sie hat das schnell gemerkt. Aber: Sie machte sich Vorwürfe. Und sie hatte Sorge, dass das Kind Angst gehabt hat und jetzt verstört ist. Dass es nach Hause kommt, und mit niemandem darüber reden kann. Also kümmerte sie sich um das Kind, einen kleinen Jungen. Und zur Sicherheit rief sie auch bei dem Großvater des Jungen an, der – was Frau Hachenberg nicht wusste oder ihr in diesem Moment völlig unbedeutend schien – ein mindestens ebenso großer Borussen-Fan war wie sie selbst. Jedenfalls beichtete sie ihm ihren Fehler. Sagte, wie leid ihr das tue. Und dass er bitte achten möge, ob mit dem Jungen alles in Ordnung sei. Der Opa hörte sich das alles ruhig an. Sagte kein Wort – was Frau Hachenberg nur noch nervöser machte. Und dann irgendwann meinte er nur: „Dann ist ja alles gut. Ne, Frau Hachenberg: Heja, BVB.“
Wissen Sie: Ja, man hätte in diesem Moment die Welle machen können. Man hätte über Verantwortungslosigkeit dozieren können. Hätte Konsequenzen androhen können. Oder sich eben so verhalten, wie dieser Opa: Gelassen. Barmherzig. Gütig. Ich bin sicher, der eingesperrte Junge wird seinem Opa von der Sache in der Turnhalle erzählt haben. Und der Opa wird einen Weg gefunden haben, damit da kein Schaden bleibt. Aber was noch viel schöner an dieser Geschichte ist, ist der Großmut, mit der dieser Opa einer zutiefst verunsicherten Lehrerin begegnet ist. Und wissen Sie was: Genau so stelle ich mir den lieben Gott vor: Wie einen Opa oder einen Papa, der die Dinge mit dem rechten Maß misst. Wie eine Oma oder eine Mama, die sieht, wenn wir mit etwas hadern, was wir getan haben und die dann sagt: „Ist doch alles gut! Gräm Dich nicht zu sehr. Ne, Frau Hachenberg: Heja, BVB!“