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Kirche in WDR 2 | 04.04.2024 | 05:55 Uhr
Gegen den Strom
Sarah Mardini ist Profischwimmerin gewesen, aber der Krieg in Syrien zerstört ihren Traum, für ihr Land bei Olympia zu schwimmen. 2015 flieht die damals 20-Jährige mit ihrer jüngeren Schwester Yusra aus Syrien. Als der Motor ihres Schlauchboots versagt, springen die Schwestern ins Meer und bringen das Boot schwimmend ans Ufer von Lesbos. Alle Geflüchteten werden gerettet. Die Geschichte macht auf der ganzen Welt Schlagzeilen. Die Schwestern sind berühmt.
Danach trennen sich ihre Wege. Yusra schwimmt bei den Olympischen Spielen im Refugee-Team und Sarah kehrt nach Lesbos zurück. Sie engagiert sich ehrenamtlich bei einer NGO, verteilt Decken und Essen an Geflüchtete, übersetzt. Es gibt ihrem Leben einen Sinn. „Jetzt bin ich nicht mehr die Geflüchtete, sondern die Retterin“, erzählt sie. Dann, 2018, wird sie verhaftet und des Menschenhandels beschuldigt. Ihr drohen bis zu 25 Jahre Gefängnis, weil sie im Meer vor Lesbos als Rettungsschwimmerin Geflüchteten das Leben gerettet hat.
Es folgen dreieinhalb Monate im griechischen Hochsicherheitsgefängnis, bis sie auf Kaution freikommt. Solidarität ist kein Verbrechen, sagt Mardini. Bei einem ersten Prozess wird sie nicht mal ins Land gelassen, sie sei eine nationale Bedrohung. Mardini ist fassungslos. Selbst Kriminelle dürfen sich verteidigen und ich bin unschuldig, sagt sie. Denn Menschen vor dem Ertrinken zu retten, könne kein Verbrechen sein. Sie will ihre Unschuld beweisen. Seitdem warten sie und 23 andere auf eine neue Verhandlung. Menschenschmuggel, Spionage, Bildung einer kriminellen Vereinigung lauten die Vorwürfe. Weil man Decken verteilt? Ertrinkende rettet? Echt jetzt? Was ist daran falsch?
Beobachter:innen werten das Verfahren als Schauprozess. Flüchtlingshelfer:innen wie Sarah sollen abgeschreckt und kriminalisiert werden. Der Prozess soll 2025 stattfinden. Vielleicht. Dann wird Sarah Mardini 30 und hat sieben Jahre auf den Prozess gewartet. Käme es tatsächlich zu einer Haftstrafe von 25 Jahren, wäre das nahezu ihr ganzes bisheriges Leben.
Über ihre eigene Geschichte sagt Sarah in der Doku „Gegen den Strom“: „Meine Kraft kam von meiner Schwester. Sie repräsentierte mich und alle Geflüchteten … Ich mach weiter, bis ich mein Ziel erreicht habe. … Ich habe mein Zuhause verloren. Ich hätte ertrinken können. Ich war im Gefängnis. Ich wurde verletzt und musste meinen Traum begraben. Aber mein Herz ist noch dasselbe!“
Quellen:
https://www.youtube.com/watch?v=26HEsL97iXY
https://www.amnesty.de/informieren/kultur/syrien-filmrezension-gegen-den-strom-sara-mardini
(beide zuletzt abgerufen am 11. März 2024)
Redaktion:
Rundfunkpastorin Sabine Steinwender-Schnitzius