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Kirche in WDR 3 | 12.04.2014 | 07:50 Uhr
Vom Tod erlöst werden
Meine Hörerinnen und Hörer,
was schenkt man zu einer Taufe? Ich habe neulich erlebt, wie die Verwandten und Freunde dem kleinen Jens zu seiner Taufe etwas Besonderes geschenkt haben, nämlich kurze Gebete, jeweils verbunden mit einem Wunsch. So sagte zum Beispiel der Großvater: „Gott ich bitte dich, lass Jens in seinem Leben Glück haben und erfolgreich sein.“ Oder ein Pate: „Gott gib Jens ein starkes Selbstbewusstsein, damit er sich nicht verbiegen lässt und sein eigenes Leben lebt.“ Andere haben gute Freunde gewünscht, Gesundheit, eine friedliche Umwelt…
Ich habe dann auch einen Wunsch ausgesprochen: „Gott, schenke Jens ganz viel Vertrauen, Vertrauen ins Leben, Vertrauen zu den Menschen und Vertrauen zu dir.“
Nach der Feier spricht mich einer der Gäste an und sagt: „Vor ein paar Jahren hätte ich auch einem jungen Menschen Vertrauen gewünscht. Aber nach all den Enttäuschungen, die ich in der letzten Zeit erlebt habe, kann ich das nicht mehr.“ Und er erzählt, wie Freunde ihn in einer Notsituation allein gelassen haben und dass seine Frau ihn betrogen und schließlich verlassen hat. „Nein,“ sagt er, „ich traue keinem mehr. Auch Gott traue ich nicht mehr, denn als es mir so schlecht ging, hat er mich im Stich gelassen und mir nicht geholfen.“
Gegen solche Erfahrungen ist es schwer zu argumentieren. Ich möchte es aber dennoch versuchen. Und zwar möchte ich anknüpfen an die Erfahrungen, die Männer und Frauen damals mit Jesus von Nazareth gemacht haben.
Sie haben Jesus erlebt als einen Menschen, der ganz und gar auf Gott vertraut hat, so wie ein Kind seinem Vater vertraut. Als Jesus dann aber gefoltert und ans Kreuz gehängt wurde, haben sich alle gefragt: Wo ist denn jetzt Gott? Warum hilft er nicht? Und als Jesus qualvoll starb, war ihre Enttäuschung riesig.
Ja, und dann geschah das, was keiner erwartet hatte. Seine Freunde und viele seiner Anhänger haben ihn wieder gesehen. Er hat mit ihnen gesprochen, ist mit ihnen gewandert, hat mit ihnen gegessen. Unfassbar! Aber seine Freunde schwören, dass es so war. Er lebt.
Nehmen wir an, dass das stimmt, dann war das Vertrauen, das Jesus zu Gott hatte, doch berechtigt und keine Täuschung. Gott hat zwar zugelassen, dass das Schlimmste passiert: der Tod. Aber er hat Jesus aus dem Tod gerettet.
Ich weiß, wie schwer es ist, das zu glauben. Ich weiß aber auch, welche Kraft ausgeht von dem Vertrauen, dass Gott uns nicht im Stich lässt, auch dann nicht, wenn wir sterben. Wenn ich also einem Kind bei der Taufe Vertrauen wünsche, dann meine ich genau das: Es lohnt, in dieser Welt zu leben trotz aller Enttäuschungen und trotz aller Katastrophen und Niederlagen. Es lohnt, weil das Leben, das Gott uns schenkt, stärker ist als alles Leid, stärker sogar als der Tod.
In der nächsten Woche werden Christen und Christinnen überall in der Welt diesen Glauben feiern. Am Karfreitag werden sie sich in den Gottesdiensten die Not und das Elend der Menschen vor Augen führen und um Auswege und Hilfe beten. Aber dann werden Sie Ostern feiern voller Freude über die Botschaft, dass Jesus lebt und dass er uns durch sein Vertrauen zu Gott vom Tod erlöst und befreit hat.
Ich wünsche Ihnen, meine Hörerinnen und Hörer, schon heute, dass Sie etwas von dieser Osterfreude spüren können, Ihr Pfarrer Wolfgang Dembski aus Dortmund.
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