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Kirche in WDR 3 | 11.09.2014 | 07:50 Uhr

Mit den Suchenden auf die Suche gehen

Ob er so aussehen wird, wie ich ihn von Fotos her kenne? Ein älterer Herr mit Bart, mit hoher Stirn, wachen Augen. Lange hatte ich auf die Gelegenheit gehofft, jetzt war sie da: eine Begegnung mit dem Prager Priester und Hochschullehrer Tomás Halík.

Guten Morgen!

Professor Halík hatte mich neugierig gemacht: mit seiner Behauptung, das „Christentum in Europa liege im Sterben“.

Wer ist dieser Mann? 1948 ist Tomás Halík in Prag geboren, als Kind erlebt er die Zeit des Stalinismus. Als junger Erwachsener wird er Christ und durchleidet in der kommunistischen Tschechoslowakei eine Zeit harter Verfolgungen der Kirche.

Die 70er Jahre sind geprägt von „Politischen Säuberungen“. Halík ist es verboten, an Hochschulen zu unterrichten und in den Westen auszureisen, er gilt als Feind des Regimes, gegen ihn wird ermittelt. Heimlich lässt er sich 1978 in Erfurt zum Priester weihen; dass er Theologie studiert, muss er vor dem Prager Regime verbergen – immer in der Erwartung, verhaftet zu werden. Elf Jahre arbeitet er in der Untergrundkirche als Priester. Dann kommt die Freiheit – erhofft, aber unerwartet. Nach der „Samtenen Revolution“ im Wendejahr 1989 beteiligt er sich am Aufbau der Demokratie in seinem Land.

Meine Begegnung mit Professor Halík ist ein Erlebnis: er ist ernst und humorvoll, ein begnadeter Erzähler, ein wacher Diagnostiker unserer Zeit. Mit seiner Kirche geht er illusionslos ins Gericht: wir leben in einer Zeit der Erschütterungen und Paradoxien, so erklärt er. Und schon heute sehen wir, dass die Kirche „wie ein auf Sand errichtetes Gebäude“ zusammenstürze. Prophetische Worte?

Die Christen in Europa seien müde. Ja, er lobt sogar die Kritiker der Kirche, „Verbündete des Glaubens“ sieht er in ihnen: ihre Kritik sei wertvoll, sie könne den Glauben von „infantilen Vorstellungen“ befreien. Er selbst charakterisiert sich als „geborenen Skeptiker“.

Sprecher:

„Zum Glauben fand ich, weil ich konsequent skeptisch sein wollte und eben auch an meinem Zweifeln zweifelte. Ich will immer mehr die Tiefe des Glaubens erfahren, sozusagen »zum Grunde gehen«, und dann meine Erfahrungen mit anderen teilen – im gemeinsamen Suchen“.

Für Halík ist es kein Wunder, dass manch ein selbstsicher daherkommender Gläubiger seine Zeitgenossen verschrecke, ja abstoße. Die Menschen seien eben sensibel gegenüber jedem Versuch einer Überredung oder Vereinnahmung.

Und die Kirche habe ihre Lektion noch zu lernen:

Sprecher:

vielleicht ist das, was wir heute erleben, gar eine „Strafe für den Mangel an Bereitwilligkeit oder auch für die Unfähigkeit, mit allen Konsequenzen demütig zuzugeben, dass die Kirche eine »Gemeinschaft von Pilgern« ist, dass sie unterwegs ist und nicht am Ziel und sie keine »triumphierende Kirche« spielen darf.“

Glauben in heutiger Zeit ist für Halík, ein „bescheidener, ja ein kleiner Glaube“.

Christ-Sein bedeute zu leben ohne falsche Sicherheit und Gewissheit, im Dialog mit anderen und im ernsthaften Ringen um Gott, „das Geheimnis, vor dem man oft sprachlos bleibt“. Ein Christ brauche Mut, „in die Wolke des Geheimnisses Gottes einzutreten“, schreibt er.

Für mich sind das aufrüttelnde, ja irritierende Worte eines gelehrten, eines weisen Mannes. Als Christ „auf der Suche mit den Suchenden“ - das klingt in mir nach, noch lange nachdem wir uns verabschiedet haben.

Aus Essen grüßt Sie Markus Potthoff.

Quellenangaben:

Halík, Tomáš: Nachtgedanken eines Beichtvaters. Glaube in Zeiten der Ungewissheit, Freiburg, 4. Aufl. 2014

Siehe auch: Interview in der Herderkoresspondenz 2/2013.

Copyright Vorschaubild: wikipedia

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