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Kirche in WDR 3 | 17.11.2014 | 07:50 Uhr

Weinen

Volkstrauertag vor etlichen Jahren. Ein ähnlicher Tag wie gestern. Ich singe im Tenor das Requiem von Johannes Brahms mit. Ein tolles, ganz intensives Musikstück des 19. Jahrhunderts. Gleich am Anfang wird ein Wort aus der Bibel wunderbar in Töne verwandelt: „Die mit Tränen säen, werden mit Jubel ernten“. (Ps 126,5). Und – das darf doch nicht wahr sein: Ich weine… Ich. Sonst doch taff, straight, geradlinig. Ich habe doch genug Freude im Leben. Oder nicht? Was rührt mich jetzt hier so an? Was hat mich traurig gemacht?

Liebe Hörerinnen und Hörer: Durch das Weinen verändert sich zwar die äußere Welt nicht, es bringt weder Liebe noch Anerkennung. Aber Weinen verändert die innere Welt. Es löst Verspannungen und Schmerzen. Ein Baby weint, wenn es in Not ist. Sein Weinen ist ein Rufen nach der Mutter, damit sie den Grund der Not beseitigt. Der Kummer bewirkt, dass sich der Körper des Babys zusammen zieht und versteift; das ist eine natürliche Reaktion auf Schmerz und Unbehagen. Nach dem Weinen sind wir wieder weicher und lockerer. Wenn die Tränen fließen, ist das ein Prozess, bei dem wir Menschen weich werden wie das Eis.

Augen erstarren vor Angst, Tränen machen sie weich. Augen, die nicht weinen, werden hart, kalt und trocken, was die Sicht behindert. In Tränen auszubrechen, ist ein sehr menschliches Verhalten. Das ist wichtig einzusehen, gerade für Männer. Wer weint schon gerne! Und öffentlich… Und je besser ich mit Worten ausdrücken kann, warum ich so traurig bin, umso enger komme ich an den Kern heran, an das, was mich belastet, beschäftigt, was verhärtet ist. Ich bin überzeugt: Wer lernt, Gefühle auch anderen zu äußern, wird entkrampfen, weicher, der wird wieder fröhlicher. Geist und Körper arbeiten zusammen. Das ist ein Prozess: Weinen will gelernt sein! Tiefes Weinen kann zu einem Durchbruch führen, der befreit, so dass ich wieder tiefe Freude empfinde, egal, was passiert ist, was ich durchgemacht habe, was tief in mir drin ist und an die Luft will. Das ist wie ein Wolkenfenster. Ich sehe den blauen Himmel und weiß zwar, dass nicht alle Regenwolken verschwunden sind, dass es auch wieder Stürme geben wird. Aber ich erahne, dass es Freude gibt im Leben; Dinge, über die ich mich freuen kann und Menschen, mit denen ich diese Freude teilen darf. Jeder Durchbruch durch die Wolken meiner inneren Trauer kann mich befreien.

Menschen trauern zu allen Zeiten. Gestern erinnerte der Volkstrauertag an unsägliches Leid, an Kriegsopfer und deren Familienangehörige in ihrem Kummer. Heute am Montag, zum Beginn der Woche, möchte ich Sie einladen, auf das Leid, die Trauer und die Traurigkeiten unserer Mitmenschen, denen wir begegnen zu achten. Vielleicht können Sie sogar gerade heute jemandem helfen, Verhärtetes weich zu machen. Schaffen Sie ein Wolkenfenster! Vielleicht brauchen Sie so ein Wolkenfenster auch gerade selbst. Dann seien Sie gewiss: Weinen hilft, durch die inneren Wolkendecken hindurch den Himmel wieder blau zu sehen. Tränen sind auch Saatgut. „Die mit Tränen säen, werden mit Jubel ernten!“ So heißt es in einem alten Lied, einem Psalm in der Bibel. Das ist eine ganz alte Erfahrung, ein Instrument, das Gott jedem mitgibt, um Freude zu erfahren, glücklich zu sein.

Also: Heulen sie ruhig eine Strophe und singen sie dann das schöne Lied des Lebens weiter! Ich jedenfalls schäme mich nicht mehr! Einen schönen Tag wünscht Ihnen Pfarrer André Müller aus Gladbeck.

Vgl. Alexander Lowen, Freude, München 1993.

Copyright Vorschaubild: CCÜ Public Domain Pixabay

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