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Kirche in WDR 3 | 11.12.2013 | 07:50 Uhr
"reiß ab wo Schloss und Riegel sind"
Liebe Hörerin, lieber Hörer, kennen Sie das? Dreimal das falsche Passwort eingegeben und der Zugang ist gesperrt.
Keine Computertätigkeit, kein Mobiltelefon ohne das richtige Passwort. Ohne passenden Schlüssel dreht sich kein Schloss und wir bleiben draußen. Schilder wie "Privat", "Kein Eintritt" oder "geschlossene Gesellschaft" lassen Menschen außen vor. Die Türen bleiben für sie geschlossen, der Zugang verwehrt.
Im Lauf unseres Lebens stehen wir immer wieder vor verschlossenen Türen. Versuchen manchmal verzweifelt, den Fuß in die Tür zu kriegen. Etwa die Tür zum Traumberuf, die sich einfach nicht öffnet, weil es nicht genügend Ausbildungsplätze gibt. Manchmal sind es Wünsche, die unerfüllt bleiben.
Und schließlich: Menschen stehen vor verschlossenen Türen in unserem Land, finden keine Bleibe. So wie Flüchtlinge in überfüllten Booten auf dem Weg nach Europa. Sie haben keine Chance, bleiben außen vor.
Sprecher: „O Heiland, reiß die Himmel auf, herab, herab vom Himmel lauf,
reiß ab vom Himmel Tor und Tür, reiß ab wo Schloß und Riegel für“
(EG. 7, 1. Strophe)
Autorin: heißt es in einem alten Adventslied. Mit ihm wenden wir uns bittend und flehend an Gott. Gott soll vom Himmel auf die Erde kommen, in unser Leben einbrechen und Türen aufschließen, die verschlossen sind. „Wenn du doch so mächtig und groß bist, dann komm vom Himmel herunter und nimm’ dich dieser zerrissenen Welt an“, höre ich das Lied rufen.
Ein Aufschrei gegen die Macht von Traurigkeit und Tod, von Ausgeschlossen Sein.
Ob das hilft? Schließt Gott uns Türen auf, die verschlossen sind? Weiß Gott das richtige Passwort? Das Schöne ist erst einmal: Die Tür zu Gott öffnet sich, ohne dass wir ein hohes Eintrittsgeld zahlen müssten oder einen Passierschein vorweisen. Diese Tür braucht kein Passwort oder Zugangscode. Sie steht allen Menschen offen. Das finde ich einladend und entlastend. Ich brauche mir um den passenden Schlüssel keine Gedanken zu machen.
Und die Tür zu den Menschen? Da können wir füreinander Türöffner sein. Einer, der anderen Türen öffnet ist Suat Yilmaz. Er arbeitet als Talentförderer an einer Hochschule in Westfalen. Er hat es sich zur Aufgabe gemacht, junge Menschen mit ihren besonderen Talenten zu fördern, die sonst niemals die Chance dazu bekämen.
Es sind Schülerinnen und Schüler aus Familien, in denen kaum jemand studiert hat oder seine Kinder zum Studium animiert. So reist Suat Yilmaz von Schule zu Schule im Ruhrgebiet, bietet Sprechstunden an, berät und hilft, wo es schwierig wird. Er macht Mut, redet Klartext und glaubt an die jungen Menschen. Sein Schlüsselrezept: Er glaubt fest daran, dass in jedem Menschen besondere Fähigkeiten stecken. Die möchte er entdecken, gewinnen und stärken.
Für viele dieser jungen Menschen ist er zu einem Vorbild geworden. Einer, der Türen aufschließt, wo sie für andere lange verschlossen geblieben sind. Einer, der den passenden Zugangscode kennt, weil sich für ihn selber Türen geöffnet haben, wo er es nicht vermutet hat. Suat Yilmaz macht mir Mut, Türen zu öffnen. Ganz praktisch und alltagsnah. Darum höre ich gerne noch einmal den Ruf des alten Adventsliedes:
Sprecher: „O Heiland, reiß die Himmel auf, herab, herab vom Himmel lauf,
reiß ab vom Himmel Tor und Tür, reiß ab wo Schloß und Riegel für“
Autorin: Liebe Hörerin, lieber Hörer, ich wünsche Ihnen, dass sich für Sie und durch Sie viele Türen öffnen in diesem Advent. Ihre Pfarrerin Christiane Neufang aus Köln.