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Kirche in WDR 3 | 14.03.2016 | 07:50 Uhr
Prioritäten
Guten Morgen! Ein kleines Programm auf meinem Handy hilft mir, Ideen und anstehende Aufgaben festzuhalten und zu sortieren. Ich öffne also das Programm und tippe ein, was zu erledigen ist. Dann kann ich noch entscheiden, ob ich es heute, morgen, in Kürze oder irgendwann abarbeiten will.
Das Programm funktioniert sehr einfach und es erleichtert mir im Alltag tatsächlich, wichtige Aufgaben nicht aus dem Blick zu verlieren. Außerdem achte ich darauf, dass die Liste nicht zu lang wird. Es ist immer wieder ein schönes Gefühl, wenn ich nach getaner Arbeit dann einige Punkte löschen kann.
Eine besondere Funktion bietet das Programm jeden Morgen zu Beginn meiner Arbeitszeit.
Aus dem Handy ertönt dann eine kleine Melodie, und es erscheint ein Hinweis auf die anstehenden Aufgaben. Diese Texte variieren von Tag zu Tag und fragen zum Beispiel: „Was ist für heute geplant?“
Vor Kurzem erklangen erneut die vertrauten Töne am Morgen, aber der Text, der erschien, gab mir zu denken. Er lautete: „Was ist heute deine Priorität?“
Dabei musste ich aber gar nicht an die Punkte auf meiner Liste denken, sondern ich empfand die Frage eher tiefer gehend. Was ist heute meine Priorität?
Das rührte an diesem Morgen etwas anderes an, als die Überlegung, welcher Brief dringend zu schreiben wäre oder wen ich unbedingt anrufen sollte.
Was ist meine Priorität heute? Will ich etwas Neues erleben oder meine Ruhe haben?
Möchte ich jemandem etwas Gutes tun oder brauche ich eher selbst Zuwendung?
Suche ich Gebet und Meditation - oder Auspowern beim Sport? Oder beides?
Oder will ich etwas grundlegend in meinem Leben verändern, scheue aber notwendige Entscheidungen auf dem Weg dahin?
„Was ist meine Priorität?“, dieser Hinweis wird mich noch eine Weile begleiten.
Jesus stellt einmal eine ähnliche Frage. Da hört ein Mann namens Bartimäus, ein blinder Bettler, dass Jesus in die Stadt kommt. Er läuft auf Jesus zu und ruft: „Jesus, du Sohn Davids, erbarme dich meiner!“ (Markus 10,47).
Jesus hört Bartimäus, bleibt stehen und wendet sich ihm zu. Nun könnte man denken, er heilt den Blinden. Aber er tut zunächst etwas völlig anderes. Jesus stellt ihm nämlich eine Frage - und die lautet: „Was willst du, dass ich für dich tun soll?“ (Markus 10,51)
Da erkenne ich die Frage aus meinem Handy wieder: „Was ist heute deine Priorität?“ Was antworte ich, wenn Jesus vor mir steht und mich fragt: „Was willst du, dass ich dir tun soll? Hier und jetzt. Was ist das Wichtigste für dich?“
Der blinde Bartimäus antwortet prompt: „Herr, dass ich wieder sehen kann!“ Daraufhin heilt Jesus ihn tatsächlich, und Bartimäus schließt sich Jesus an und wird zu einem seiner Nachfolger.
Der Mann war arm und blind. Da fiel ihm die Antwort offensichtlich leicht. Ich selbst bin gesund und kann gut leben. Aber wo bin ich arm? Auf welchem Auge bin ich blind?
Läuft alles in meinem Leben so, wie ich es mir vorgestellt habe? Und setze ich mich genug ein für diese Welt und die Menschen? Für gelingendes Leben, für Gerechtigkeit und Frieden. Trage ich vielleicht eine Sehnsucht in mir, die nie erfüllt wird?
„Was willst du, dass ich dir tun soll?“ - An diese Frage Jesu muss ich immer wieder denken. Sie rüttelt mich auf. Und sie verhilft dazu, dass ich ab und an mein Leben überdenke und mich frage, ob ich auf dem richtigen Weg bin.
Und zu allererst will ich mir überlegen: „Was ist heute meine Priorität?“ Denn heute kann ich anfangen, etwas zu verändern. Mir und anderen etwas Gutes zu tun. Ich kann ganz sicher nicht die ganze Liste meiner Wünsche umsetzen - aber einen Punkt. Heute.
Dass Sie im Alltag auch immer wieder innehalten und über die Fragen ihres Lebens nachdenken können, wünscht Ihnen Ihr Pfarrer Bernd Becker aus Bielefeld.