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Kirche in WDR 3 | 10.05.2017 | 07:50 Uhr
Tischgemeinschaft im Angesicht meiner Feinde?
Guten Morgen,
da läuft mir ja das Wasser im Mund zusammen. „Zur Vorspeise gibt es Hummus, als Hauptgang Musakhan - Pitabrot mit Hühnchen, Pinienkernen und Zwiebeln - und zum Nachtisch ein Stück in Sirup getränkten Joghurtkuchen mit Minz-Limonade. … `Es schmeckt absolut köstlich`, sagt einer der täglich bis zu 300 Kunden und stellt sich ein zweites Mal an.“
So lese ich in einer Tageszeitung. (1)
Wir sind hier nicht in einem Selbstbedienungsrestaurant, sondern in einem Imbiss in Pittsburgh, USA. Und der heißt: Conflict Kitchen - auf Deutsch etwa „Konflikt-Küche“.
Die Idee stammt von zwei Künstlern. Jon Rubin und Dawn Weleski nehmen sich alle paar Monate ein anderes Land vor, mit denen die USA in Konflikt sind. Iran, Venezuela, Afghanistan, Kuba, Palästina, Nordkorea. Die Künstler gestalten die Fassade des Imbiss um und tauschen die Speisekarte aus. Und dann gibt es zu essen, was es in eben diesem Land zu essen gibt.
Die meisten Namen der Speisen klingen ziemlich fremd.
Doch in der Conflict Kitchen bekommen die Gäste zu ihrem Essen gratis eine Portion Informationen dazu. Auf Servietten und Verpackungen sind sie abgedruckt. Da geht es um Küche, Kultur, Religion und Politik des jeweiligen Landes. Und auch um die Hintergründe des Konfliktes der Staaten. Dazu organisieren die Imbissbetreiber Veranstaltungen, Diskussionsrunden und Lesungen. Ihre Kenntnisse über die jeweiligen Länder haben sie aus erster Hand: Sie reisen selbst hin und informieren sich dort. (2)
Sprecher:
„Wir wollen die Menschen in Pittsburgh anregen, sich mit diesen Themen auseinanderzusetzen.
Ein gemeinsames Mittagessen bringt mehr Leute zusammen, als eine politische Demo oder ein akademisches Forum.“ (3)
Autorin:
meint Jon Rubin, einer der beiden Gründer der Conflict Kitchen.
Am besten lerne ich doch mit allen Sinnen.
„Du, Gott, bereitest vor mir einen Tisch im Angesicht meiner Feinde“, heißt es in der Bibel in Psalm 23. Ein Vergleich mit der Conflict Kitchen liegt nahe. Die alten Worte des bekannten Psalms drücken aus, was in Pittsburgh täglich geschieht. Gemeinsames Essen hat schon zu biblischen Zeiten Menschen an einen Tisch zusammengebracht. Sogar im Angesicht derer, die ich als meine Feinde sehe, die mir das Leben schwer machen. Als Jesus kurz vor seinem Tod noch einmal mit seinen Jüngern zusammen kam, um Abendmahl zu feiern, gemeinsam zu essen und zu trinken,
da saß sein Verräter mit am Tisch. Und Jesus teilte mit ihm Brot und Wein. Selbstverständlich und im Wissen um den Verrat. Ein Zeichen der Versöhnung. Ein Händereichen über Grenzen hinweg.
Mich fasziniert diese Idee, Konflikte erst einmal mit einem Essen zu beginnen.
Liebe geht schließlich durch den Magen. Leib und Seele essen mit. Das erlebe ich auch in den
Wohnheimen der Evangelischen Studierendengemeinden, wo ich als Pfarrerin arbeite. Da wohnen viele Nationen und Kulturen miteinander auf einem Flur. Sie leben und streiten miteinander.
Vor allem aber kochen und essen sie gemeinsam. Fremde Gerüche und Geschmäcker, unbekannte Gewürze und Zutaten begegnen sich. Gespräche entstehen, es wird geredet, gelacht und erzählt. Konflikte hin oder her.
Lassen es auch Sie es sich von Herzen schmecken,
Ihre Pfarrerin Christiane Neufang aus Köln.
(1) http://www.tagesspiegel.de/weltspiegel/conflict-kitchen-in-pittsburgh-mittagessen-aus-feindesland/11226980.html zuletzt abgerufen am 08.04.2017
(2 ) Andere Zeiten Kalender 2016/17 – Mi, 7.12. Christiane Langrock-Kögel
(3 ) Der Tagesspiegel, 14.01.2015 s.o..