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Aus dem Gefängnis

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Kirche in WDR 3 | 18.11.2017 | 07:50 Uhr

Aus dem Gefängnis

Junia hat eine eigenartige Geschlechtsumwandlung hinter sich. Es ist eine literarische: Weil manche Menschen nicht ertragen konnten, dass sie als Frau ein wichtiges Amt ausübte, wurde aus Junia ein Junias, aus einer Frau ein Mann. Es hat lange gedauert, bis Junia ihre weibliche Identität wiedererlangte. Zwischenzeitlich saß sie im Gefängnis, allerdings nicht wegen ihres Namens sondern wegen ihres mutigen Bekenntnisses.

Liebe Hörerinnen und Hörer, von Junia wird in der Bibel erzählt. Am Ende seines Briefes an die Gemeinde in Rom grüßt Paulus zehn Frauen und 19 Männer namentlich. Unter ihnen ist auch Junia, eine Apostelin. Sie haben richtig gehört: Apostelin! Er schreibt:

Sprecher:

„Grüßt Andronikus und Junia, die zu meinem Volk gehören und mit mir zusammen im Gefängnis waren; sie sind angesehene Apostel und haben sich schon vor mir zu Christus bekannt.“ (Röm 16,7).

Der Apostelbegriff ist bei Paulus noch nicht – wie später bei Lukas – auf die zwölf Apostel eingegrenzt. Da die Übersetzer der Bibel scheinbar den Titel „Apostel“ nicht für eine Frau zulassen konnten, haben sie eingegriffen und den Frauennamen „Junia“ durch „Junias“ ersetzt. So wurde aus der Frau Junia der Mann Junias. Der Name „Junias“, der in der Antike nirgendwo nachweisbar ist, findet sich auch noch in der alten Einheitsübersetzung. Erst in neuen Bibelübersetzungen bekommt Junia ihr Frausein zurück.

Warum Junia und Andronikus im Gefängnis waren, wird in der Bibel nicht näher beschrieben. Vermutlich aufgrund ihres Glaubensbekenntnisses und ihrer Nähe zum ebenfalls gefangenen Apostel Paulus.

Ich verstehe auch die Transformation von Junia zu einem Junias als ein „Gefängnis“. Junia wird abgeschoben und mundtot gemacht, so wie es über viele Jahrhunderte den Frauen in der Kirche ergangen ist. Da hat es immer wieder Frauen gegeben, die sich gezwungenermaßen eine Männer-Identität zugelegt haben. Manche Frauen wurden eingesperrt, zahllose auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Andere wählten eine Kunstform, um von ihrem Glauben zu sprechen: Hildegard von Bingen zum Beispiel, die Mystikerinnen von Helfta oder auch Teresa von Avila. Sie alle schreiben nieder oder lassen schreiben, dass Gott oder Christus ihnen dies oder das gesagt habe. Damit sprechen sie aus, was sie als Frau nicht sagen, aber sehr wohl denken dürfen. Wie gut ist es, dass Frauen in der Kirche heute wie Männer lehren, schreiben und sprechen können.

Und die – wenn auch späte – Erhebung des Festtags der Heiligen Maria von Magdala in den Rang eines Apostelfestes, die Papst Franziskus vorgenommen hat, zeigt, dass Apostelinnen den Aposteln weitgehend gleichgestellt wurden.

Ich bin froh, dass es in der frühen Kirche eine Frau wie die Apostelin Junia gab, eine Schwester im Glauben – und manchmal in der Bedrängnis. Gott sei Dank.

Aus Mülheim an der Ruhr grüßt sie Marie-Luise Langwald.

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