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Kirche in WDR 3 | 02.08.2018 | 07:50 Uhr
Kommunizierende Röhren und Gottes Trost
Guten Morgen!
Mir hat der Physikunterricht in der Schule immer Spaß gemacht. Da gab es etwas zum Sehen und zum Anfassen. An eine Sache erinnere ich mich noch gut, obwohl es in der 5. oder 6. Klasse war. Da stellte der Lehrer ein komisches Gebilde aus Glas mit Röhren auf den Tisch. Die "Röhren" ragten nach oben und waren alle unterschiedlich. Eine hatte in der Mitte einen dicken Bauch. Eine war unten breit und oben schmal, eine andere unten schmal und oben breit. Auch eine ganz normale, gerade Röhre war mit dabei. Sie alle waren unten verbunden durch ein dickes, geschlossenes Rohr.
Dann goss der Lehrer in die untere, verbindende Röhre Wasser hinein. Doch bevor das Wasser eine der senkrechten Röhren erreichte, stoppte er. Nun fragte er uns, was wohl passieren wird, wenn er weiter gießen würde. In welcher Röhre würde das Wasser wohl am höchsten steigen? Ich glaube, mein Favorit war die Röhre, die oben immer enger wurde.
Wir lagen alle falsch. Denn das Wasser stieg in allen Rohren gleich hoch. Egal was für eine Form die Röhre hatte, der Wasserstand war gleich. Der Name für diese Sache: Das Gesetz der kommunizierenden Röhren.
Nun fragen Sie sich sicher, was dieser kleine Ausflug in die Physik mit einer kirchlichen Sendung zu tun hat. Nun, ich bin neulich über einen Bibelvers gestolpert. Und als ich mir überlegte, wie ich ihn am besten erklären könnte, da fiel mir dieses Experiment ein. Der Vers steht in Psalm 94: "Als mir die Sorgen keine Ruhe mehr ließen, hast du mich getröstet und wieder froh gemacht." (1)
Die Psalmen sind so nah am Leben. Da lassen einen seinen Sorgen nicht mehr in Ruhe. Selbst nachts drehen sich seine Gedanken um sie. Und dann fühlt er sich auf einmal getröstet. Von Gott. Auf der einen Seite die Sorgen, auf der anderen Seite der Trost und die Hilfe Gottes. Es ist wie bei den Röhren: Das Wasser, das eingefüllt wird, ist das Leben. Und das hält beides bereit. Sorgen, Leid und Hoffnung und Trost. Füllt sich die Kummerröhre, so ist auch die Röhre mit Trost auf der gleichen Höhe gefüllt. Probleme und Hilfe sind wie kommunizierende Röhren. Wenn die Nöte in meinem Leben ansteigen, steigen auch die Hilfe und der Trost Gottes.
Vermutlich protestieren jetzt viele. Wie oft überwiegen die Sorgen und das Leid. Natürlich gibt es schwere Krisen im Leben. Ein komplizierter Beinbruch mit über einem Jahr Heilungszeit und schmerzhaften Behandlungen. Die Krebserkrankung eines Kindes. Schwere Zeiten und große Sorgen. Aus meiner Arbeit in der Gemeinde weiß ich:
Viele haben sich gerade in sehr schweren Situationen im Leben getragen gefühlt. Oder getröstet. Wenn sie mit anderen zusammen beteten oder wenn für sie gebetet wurde.
Sie erzählen, wie die Last leichter wurde, wenn andere Gemeindemitglieder nachfragten und die Sorgen mittrugen. Oder ihnen ganz praktisch etwas abnahmen.
Vielleicht ist der Trost Gottes nicht immer so flüssig wie Wasser. Er fließt manchmal eher wie Honig. Der ist dickflüssig und braucht länger, bis alle Röhren wieder gleich aufgefüllt sind. Doch auch beim Honig gilt das Gesetz der kommunizierenden Röhren.
Ich wünsche Ihnen von Herzen, dass Ihre "Kummerröhre" leer bleibt. Doch wenn dort etwas hineinfließt: Dann wünsche ich Ihnen, dass Sie das erleben: Wie die "Troströhre" mit Gottes Liebe aufgefüllt wird.
Ihr Pastor Heddo Knieper aus Herne.
(1) Psalm 94,19, Übersetzung: Hoffnung für alle