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Kirche in WDR 3 | 20.05.2019 | 07:50 Uhr
Streitet Euch!
Guten Morgen.
Ich
habe vor Kurzem ein großartiges Kompliment bekommen! Ging runter wie Öl. Eine
gute Bekannte nannte mich einen richtigen "Frauenversteher". Das
fand' ich schön. Und dann fragte sie mich, woher das wohl kommt. Ich überlegte
kurz und dann sagte ich:
"Es liegt
sicherlich auch daran, dass ich
Frauenzeitschriften lese. Beim Zahnarzt, beim Friseur und so. Ich lese
natürlich nichts über Mode und Kosmetiktipps. Aber die Artikel, die sich mit
richtigem Verhalten beschäftigen oder wo auf Fragen der Leserinnen eingegangen
wird oder Lebensweisheiten, das sind `meine` Artikel."
Und neulich, in einer etwas besseren Pommesbude, lag eine dieser Zeitschriften aus. Hat mich gefreut. Während ich meine Pommes spezial verdrückte, entdeckte ich wieder einen interessanten Artikel. Die Autorin fragte sich, wie man in einer Partnerschaft richtig miteinander umgeht. Und sie stellte fest, dass ihr wohlwollender, freundlicher Ton oft bei ihrem Partner keine Wirkung zeigte. Er kam weiterhin zu spät ohne Bescheid zu sagen und die nassen Handtücher stapelten sich im Badezimmer immer höher.
Bis ihr eines Tages die Hutschnur riss. Wieder kam ihr Partner ohne Vorankündigung zu spät. Doch das Essen fand er diesmal nicht liebevoll hergerichtet auf dem Tisch, sondern komplett im Mülleimer. Und dann brüllte sie ihn an, dass er gefälligst endlich die nassen Handtücher aufhängen sollte!
Und? Dieser andere Ton hatte Erfolg! Nun kommt er pünktlich, oder er ruft rechtzeitig an und kündigt an, dass er zu spät kommen wird. Natürlich schreit er auch manchmal zurück. Und es entsteht ein handfester Streit. Dennoch kommt die Autorin zum Fazit: Der neue Umgangston macht das Paar glücklicher. Man hat ja manchmal schlechte Laune und dann pampt man den Partner einfach an, ohne dass die Liebe damit gleich in Frage gestellt wird.
Mir
gefällt diese Lebensweisheit, obwohl ich eher ein sanfter Mensch bin. Ich
erinnere mich an Situationen, an denen ich andere mal anblaffte. Und den
anschließenden Streit aushielt. Ja, das hat oft Gutes bewirkt. Oder mein Brüllen
hat schnell ein anderes Verhalten beim anderen bewirkt, ohne dass der auf mich
böse war. Er hat einfach gemerkt, dass bei mir eine Grenze überschritten war. Mir
ist später dann aufgefallen, dass in der Bibel schon längst diese
Lebensweisheit aufgeschrieben wurde. Im Buch Prediger steht: "Jegliches
hat seine Zeit." Und etwas später: "Streit hat seine Zeit, Friede hat
seine Zeit." Für mich ist das wieder ein Hinweis, dass Gott seine
Geschöpfe ziemlich gut kennt. Und weiß, was für sie gut ist.
Ich wünsche ihnen, dass Sie heute immer den richtigen Ton finden. Und sich
vielleicht auch mal trauen, laut zu werden. Das hat eben auch seine Zeit.
Es grüßt Sie, Pastor Heddo Knieper aus Herne, gerne!
Quellen:
Constanze
Kleis, "Eigentlich … sollte man in der Liebe wohlwollend miteinander
umgehen", freundin 3/2019, S. 13.
Prediger
3,1a + 8b, Die Bibel, Übersetzung Luther 2017.