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Choralandacht | 31.08.2019 | 07:50 Uhr

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"Nun danket all und bringt Ehr" eg 322

Musik 1: Track 8: „Nun danket all und bringet Ehr“, CD: Singt, singt dem Herren neue Lieder – Orgelbegleitsätze zu 60 Melodien aus dem EG, Komponist: Johann Crüger 1653 nach Pierre Davantés 1562, Interpreten: Kantor i.R. Carl-Gustav Naumann, Prof. Helmut Gleim, KMD Jürgen Irmscher, Herausgeber: Ev. Kirche der Kirchenprovinz Sachsen, Verlag: Metrix Media GmbH, Bestell-Nr.: 02012.

Autor: Heute schon gedankt? Nein? Gehören Sie vielleicht zu denen, bei denen es heißt: Nicht geklagt ist gedankt genug?

Musik 1: Track 8: „Nun danket all und bringet Ehr“

Autor: Ich gestehe, auch mir liegt dies kleine Wörtchen „Dank“ nicht immer ganz vorne auf der Zunge. Und ich frage mich, warum mir dies kurze einsilbige Wort oft so schwer über die Lippen geht? Warum kann ich nicht einfach so fröhlich und unbeschwert Danke sagen, wie es Paul Gerhardt in seinem Lied tut?

Musik 2: Track 12 (Strophe 1): „Nun danket all und bringet Ehr“, CD: Lobe den Herren- Die schönsten Loblieder und -choräle, , Komponist: Johann Crüger 1653 nach Pierre Davantés 1562, Texter: Paul Gerhardt (1647), Leitung: Gerhard Schnitter, Interpreten: Das Solistenensemble, Verlag: SCM-Hänssler 2005, Label: Hänssler music, LC.-Nr.: 07224, Bestell-Nr.: 99.956.

Sprecherin: Nun danket all und bringet Ehr, ihr Menschen in der Welt, dem, dessen Lob der Engel Heer, im Himmel stets vermeldt.

Autor: Ich wundere mich. Das Lied wurde 1647 zum ersten Mal in Berlin veröffentlicht, in dem Gesangbuch „Praxis pietatis melica“ von Johann Crüger, Kirchenmusiker an der Nikolaikirche in Berlin und Freund von Paul Gerhardt. Crüger hat ein paar Jahre später auch die Melodie beigesteuert. 1647 – das war ein Jahr vor Ende des 30jährigen Krieges und das war in einer Stadt, in der kaum ein Haus noch bewohnbar war und in der 30% der Bevölkerung dem Krieg zum Opfer gefallen war.

Musik 2: Track 12 (Strophe 2): „Nun danket all und bringet Ehr

Sprecherin: Ermuntert euch und singt mit Schall, Gott unserm höchsten Gut, der seine Wunder überall, und große Dinge tut;

Autor: Ich bleibe erstaunt und stelle mir vor, wie Paul Gerhardt heute zwischen den Trümmern einer syrischen Stadt sitzt und dies Lied singt.

Musik 2: Track 12 (Strophen 1 und 2): „Nun danket all und bringet Ehr

Autor: Ich bekomme diese Gegensätze nicht wirklich zusammen. Ist das vielleicht nur bloßer Trotz? Oder ein Fall von gestörter Realitätswahrnehmung? Oder habe ich selbst noch nicht richtig begriffen, wobei es beim Dank wirklich geht? Ich schlage also nach und lese:

Sprecherin: Dankbarkeit ist ein Gefühl oder eine Haltung als Erwiderung für eine materielle oder immaterielle Zuwendung, die man erhalten hat.

Autor: Hm. Das hilft mir jetzt auch nicht wirklich weiter. Ich höre mir lieber nochmal Paul Gerhardt an:

Musik 2: Track 12 (Strophe 3): „Nun danket all und bringet Ehr“

Sprecherin: Der uns von Mutterleibe an, frisch und gesund erhält, und, wo kein Mensch mehr helfen kann, sich selbst zum Helfer stellt;

Autor: Ich fange langsam an zu verstehen. Das mit der Zuwendung finde ich auch bei Paul Gerhardt wieder. Das hat er eingebaut in sein Lied, wenn er von Gott singt, der seine Wunder überall und große Dinge tut, der selbst zum Helfer wird, wo sonst keine Hilfe mehr ist.

Musik 1: Track 8: „Nun danket all und bringet Ehr“

Autor: Aber nun die Erwiderung auf die erhaltene Zuwendung. Denn schon Cicero sagte ja, dass keine Schuld dringender sei als die, Dank zu sagen. Und ganz in diesem Sinn gilt der Dank auch als eine positive soziale Sanktion, die der schuldet, der eine Wohltat empfangen hat. Aber gerade diesen Zusammenhang zwischen Zuwendung und Erwiderung entdecke ich bei Paul Gerhardt nicht:

Musik 2: Track 12 (Strophe 4): „Nun danket all und bringet Ehr

Sprecherin: Der, ob wir ihn gleich hoch betrübt, doch bleibet guten Muts, die Straf erläßt, die Schuld vergibt, und tut uns alles Guts.

Autor: Also, offensichtlich hat Gott das mit der positiven sozialen Sanktion auch nicht verstanden. Er tut einfach was Gutes, ganz unabhängig davon, ob wir ihn vorher geärgert haben oder hinterher nicht gedankt haben. Also geht es da noch um etwas anderes.

Paul Gerhardt hat sich zu seinem Lied, soweit wir wissen, von einigen Versen aus der jüdischen Weisheitsliteratur inspirieren lassen. Diese war etwa 175 Jahre vor Christus entstanden. In Kapitel 50 lesen wir dort:

Sprecherin: Nun dankt dem Gott des Alls, der große Dinge tut an allen Enden, der unsre Tage erhöht vom Mutterleib an und an uns handelt nach seiner Barmherzigkeit. Er gebe uns ein fröhliches Herz, und es werde Friede in Israel in unseren Tagen und immerdar; sein Erbarmen bleibe stets bei uns und erlöse uns in unseren Tagen.

Autor: Und so hört sich das bei Paul Gerhardt an:

Musik 2: Track 12 (Strophe 5): „Nun danket all und bringet Ehr“

Sprecherin: Er gebe uns ein fröhlich Herz, erfrische Geist und Sinn, und werf all Angst, Furcht, Sorg und Schmerz, ins Meerestiefe hin.

Autor: Ich entdecke etwas Neues. Sowohl in der jüdischen Weisheit als auch bei Paul Gerhardt kommen der Dank zuerst und danach die Bitte. Also eben nicht: Gott, tu mir bitte etwas Gutes und dann will ich dir auch den schuldigen Dank geben. Nein, umgekehrt: Der Dank zuerst, danach die Bitte. Das stellt einen anderen Zusammenhang her und zerbricht den der positiven sozialen Sanktion, den der Schuld. Und mir fällt noch etwas auf, nämlich worum in beiden Fällen gebeten wird. Ich höre nochmal Paul Gerhardt zu:

Musik 2: Track 12 (Strophe 6): „Nun danket all und bringet Ehr“

Sprecherin: Er lasse seinen Frieden ruhn, auf unserm Volk und Land; er gebe Glück zu unserm Tun, und Heil zu allem Stand.

Autor: Also: ein fröhliches Herz, Friede in Israel, in Deutschland und der ganzen Welt und Gottes Liebe und Güte und letztlich ein erlöstes Ende. Darum wird gebeten. Das stelle ich mir innerlich vor und merke: Das sind Qualitäten eines Lebens, das einfach aus sich selbst heraus dankbar ist, das keine Gegenleistungen braucht. Vielleicht sogar eines Lebens, das sich selbst als Geschenk versteht, weil es nichts wirklich für selbstverständlich hält. Danke der jüdischen Weisheit, danke Paul Gerhardt, danke Gott, ich habe etwas verstanden. Darüber werde ich weiter nachdenken, denn tatsächlich kommt das Wort „Dank“ im Mittelhochdeutschen von „Denken“. Und darum will ich künftig den Dank denken, solange mein Leben noch währt.

Musik 2: Track 12 (Strophen 8 und 9): „Nun danket all und bringet Ehr

Sprecherin: Solange dieses Leben währt, sei er stets unser Heil, und wenn wir scheiden von der Erd, verbleib er unser Teil.

Er drücke, wenn das Herze bricht, uns unsre Augen zu, und zeig uns drauf sein Angesicht, dort in der ewgen Ruh.


Redaktion: Pfarrer i.R. Dr. Gerd Höft

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