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Kirche in WDR 3 | 13.07.2020 | 07:50 Uhr
Geborgen in der Musik
Autorin: „Anna hat bitterlich geweint, als ich ihr erzählt habe, wie es in der Schule weitergeht“, sagt meine Freundin Susanna. Das ist in der ersten Maiwoche gewesen. Da dürfen Anna und ihre Schwester wieder einen Tag pro Woche in die zweite und dritte Klasse ihrer Grundschule gehen. In Kleingruppen werden sie unterrichtet. Annas beste Freundin ist in einer anderen Gruppe. Das macht sie traurig. Und dass die Pausen so anders sind. Jedes Kind wird einem farbigen Punkt auf dem Schulhof zugeordnet. Da darf es sich – mit Abstand von den anderen - bewegen.
„Zeigt das nicht, wie zerbrechlich wir sind“, sagt Susanna. „Schule, das Selbstverständlichste im Leben unserer Kinder, ist jetzt total anders. Spielen, Toben, Spaß auf dem Schulhof, das, was sie an Schule lieben, hat das Corona-Virus ihnen genommen.“
Kinder kennen sich nicht mehr aus in ihrer Welt. Sie brauchen - genau wie Erwachsene - Stabilität und Geborgenheit.
Geborgenheit geben Susanna und ihr Mann ihren vier Kindern Bertha, Anna, Julia und Paul, wenn sie mit ihnen Musik machen.
Ostern hat Susanna ein Video verschickt. Die Familie musiziert das Lied „Fragile“ –„Zerbrechlich“ vom englischen Sänger Sting. Darin geht es darum, wie zart und verletzlich ein Mensch ist, und wie tief seine Wunden sein können.
Musik: Titel: "Fragile", Interpreten: Biosca Sextett, Komponist: Sting; Matthew, Gordon, Texter: Sting, Arrangement: Susanna Biosca, Paul K. Biosca, Eigenproduktion (eigene Video- und Tonaufnahme) ^
Autorin: Das Familienorchester mit Klavier, Violine, Cello und Kontrabass singt und spielt voller Mitgefühl. Sie stehen und sitzen und tanzen fast dabei, die nackten Füße der Mädchen wippen im Takt. Susanna steht hinten und hält mit ihrer Geige das Ensemble zusammen, der Vater gibt rhythmische Impulse auf einer Kistentrommel.
Musik: Titel: „Fragile“ (s.o.)
Autorin: Das Ensemble lebt und webt in der Musik. Ich merke, wie die Klänge meinen Schmerz spürbar lindern. Wie ich die Verletzlichkeit des Lebens mit dieser Musik aushalte. Zusammen Musikmachen, auf einander hören, sich ansehen und im gleichen Rhythmus schwingen – das alles gibt ein Gefühl von Geborgenheit. Das hilft Anna, die traurige Situation in der Schule zu ertragen. Wenn sie mit den anderen Musik macht, entgleitet sie dem Druck der Gegenwart, schwebt auf den Tönen und Klängen in eine Zeit, in der sie wieder neben ihrer besten Freundin in der Schulklasse sitzt, in der sie wieder mit anderen zusammen auf dem Schulhof rennen und spielen kann, in der das Händegeben und Umarmen wieder möglich sein wird.
Zerbrechlich sind wir Menschen. Das tut weh. Schöpferisch sind wir Menschen. Das verleiht Flügel. Wir können Musik machen. Die Töne und Klänge sind wie die Regentropfen im Lied von Sting: Für eine Weile waschen sie weg, was wehtut, was traurig macht, was lähmt und zum Weinen bringt. Der Schmerz bleibt da - aber der Klangraum nimmt ihn auf und hält ihn aus.
Mir haben Susanna und Ihre Familie mit ihrer Interpretation von „Fragile-Zerbrechlich“ Freude gemacht. Ich habe gespürt: Das Leben ist stark, auch wenn es Sprünge hat.
(Ende WDR 4, Verabschiedung für WDR 3 und 5: )
Fürchten Sie sich nicht, wenn Sie sich heute zerbrechlich fühlen. Darunter lauert schöpferische Kraft, Ihnen zum Leben geschenkt. Dass Sie diese Kraft entdecken, wünscht Ihnen Kathrin Koppe-Bäumer aus Meschede
Quelle: https://www.youtube.com watch?v=DyhcHNx3At0 (zuletzt abgerufen am 17.06.2020)
Audio-Rechtefreigabe durch Susan (Susanna) Biosca per Email am Freitag, 19.06.2020 10:16 Uhr an Kathrin Koppe-Bäumer. Liegt der Redaktion vor.
Redaktion: Landespfarrerin Petra Schulze