Beiträge auf: wdr3
Kirche in WDR 3 | 08.09.2020 | 07:50 Uhr
Im Einklang mit der Schöpfung
Mitte Mai sitze ich auf der Terrasse. Es ist still, die Vögel zwitschern. Plötzlich Lärm, ein Flugzeug. Ein Riesenvogel kommt an, die Scheinwerfer strahlen hell mitten am Tag, beängstigend groß nähert er sich im Landeanflug. Für einen Moment ohrenbetäubender Lärm, dann ist er weg. Und ich? Mit einem Lächeln auf dem Gesicht denke ich: Wie gut, endlich wieder etwas Normalität im Alltag. Nach Wochen geradezu gespenstischer Stille während des Lockdowns. Wer hätte gedacht, dass man sich hier in der Nähe der Einflugschneise mal über jedes Flugzeug am Himmel freut. Aber wie soll es jetzt weitergehen? Wünsche ich mir wirklich wieder komplett die Situation vor dem Lockdown zurück? Da wohnen zwei Seelen in meiner Brust. Wieder reisen zu können ist wunderbar. Aber besser künftig mit Fliegern, die emissionsfrei und leiser sind. Und vielleicht ist die Bahn ja bald eine echte Alternative, dann werden es auch weniger Flugzeuge. Wäre schön, wenn wir wieder mehr im Einklang mit der Schöpfung leben könnten, ohne dass wir das als einschränkend erleben. Genau das ist das Thema des bundesweiten Ökumenischen Schöpfungstages. Der findet schon seit einigen Jahren am ersten Freitag im September statt. Mehr mit der Schöpfung im Einklang leben – das wollen ja viele. Doch damit da, wo ein Wille ist, auch ein Weg ist, braucht es kluge Köpfe, die Neues entwickeln. Damit wir gar nicht anders können, als ressourcenschonend zu leben. Es muss einem leicht gemacht werden. Denn das kenne ich ja von mir selbst: Da trennt man zuhause fein säuberlich den Müll, kommt dann im Urlaub in die Ferienwohnung und wirft erst mal alles in einen Eimer, weil da eben nur einer steht. Oder man kauft normalerweise Bio-Fleisch. Aber wenn es keins gibt, dann geht es doch wieder an die Kühltheke mit Waren der „Haltungsform 1“ – also aus einer Haltung, in der nur die gesetzlichen Mindeststandards eingehalten werden müssen.
Leichter ist für mich, umweltbewusst zu handeln, wenn Mülleimer zum Abfalltrennen zum Standard einer Wohnungseinrichtung gehören und in der gesamten Fleischproduktion das Tierwohl höher geachtet wird. Wenn also auch die Mindeststandards deutlich besser sind als aktuell.
So ein kluger Kopf, der sich Gedanken darüber macht, wie wir einfacher umweltschonend leben, ist Nicolas Lenzmann, Schüler aus Meerbusch. Er hat einen lernfähigen Algorithmus programmiert, mit dem man Ampelanlagen flexibel schalten kann. Auch so, dass Fußgänger und Radfahrer Vorrang vor Autos haben. Dann muss ich mit dem Auto vermutlich noch länger warten, bis ich auf die Hauptstraße abbiegen kann und überlege mir sehr schnell, für eine Kurzstrecke doch lieber das Rad zu nehmen.
„Nicht gackern, Eier legen“(1) - also: nicht quatschen, machen - war die Devise der Stiftung Büderich, die Nicolas Lenzmann dafür einen Umweltpreis überreicht hat.
Wir haben die Chance umzudenken, neue Maßstäbe zu setzen. Dafür brauchen wir einen neuen Geist und eben Menschen, die unsere Lebenswelt dafür umgestalten. Als Christin habe ich sogar den Auftrag dazu: Gott hat dem Menschen aufgetragen, die Schöpfung zu hegen und zu pflegen. Und er hat versprochen: Der Heilige Geist setzt Euch immer wieder in Bewegung. Er lässt diese Welt nicht untergehen.
Das glaubt Ihre
Pfarrerin Barbara Schwahn, Meerbusch.
( 1 ) Umweltschutz in Meerbusch, Erster Jugend-Umweltpreis verliehen, rp-online, 22.06.20
Redaktion: Landespfarrerin Petra Schulze