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Kirche in WDR 3 | 22.01.2021 | 07:50 Uhr

Ist das Kunst?

„Ist das Kunst, oder kann das weg?“

Als ich auf einer Postkarte zum ersten Mal diesen Spruch gelesen habe, hat mich das ziemlich amüsiert. In den zurückliegenden Monaten habe ich mich allerdings manchmal gefragt, ob der Spruch nicht anders lauten müsste:

„Ist das Kunst – dann kann´s ja weg!“

Als Corona im Frühjahr uns allen den Lockdown brachte, wurden schnell diverse Hilfsprogramme für die Wirtschaft auf die Beine gestellt. Und um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: Jeder durch diese Maßnahmen gerettete Arbeitsplatz ist eine gute Nachricht. Eine Branche blieb dabei aber sehr lange außen vor: die Kunst- und Kulturbranche. Und es schien irgendwie klar zu sein – zumindest kam mir das so vor: Auf Kultur – also Theater, Konzerte, Kino- und Museumsbesuche – kann man auch einmal verzichten, wenn die Zeiten hart sind. Wichtig ist zunächst einmal etwas anderes.

Es geht mir nicht darum, die wirtschaftlichen Hilfsprogramme des Landes zu diskutieren. Mich beschäftigt vielmehr die Frage: Welche Meinung über die Bedeutung von Kunst und Kultur herrscht in unserer Gesellschaft eigentlich vor? Die Corona-Krise hat da etwas sichtbar gemacht.

Ich glaube zwar, dass kaum jemand sagen würde, dass Kultur nicht wichtig ist. Aber sie ist für viele vermutlich nicht überlebenswichtig. Sie ist ein Extra, das man sich gönnen kann oder eben nicht. Und wenn es um das wirtschaftliche Überleben in Krisenzeiten geht, dann fallen Theater, Orchester, Kinos eben hinten runter.

Ich kenn das noch aus meiner Schulzeit. Damals dachte man doch: Naja, wenn Musik oder Kunst oder auch Religion mal ausfallen, dann ist das nicht ganz so schlimm. Die Kernfächer, die einen im Leben voranbringen, sind andere: Fremdsprachen, Mathe, Naturwissenschaften. Das sind die Fähigkeiten, die in der globalisierten Welt zählen – nicht zuletzt, um erfolgreich zu sein und Geld zu verdienen.

Es ist ja auch tatsächlich gut und wichtig, wenn man Fremdsprachen beherrscht und Rechnen kann (wobei ich letzteres nie wirklich gelernt habe). Ich frage mich nur: Gehören nicht auch Kunst und Musik zu einer umfassenden Bildung, die einem wirklich hilft, ein gutes, erfüllendes Leben zu führen? Und ich würde ergänzen: Gehört nicht auch das Fach Religion dazu?

Die große evangelische Theologin Dorothee Sölle Religion hat jedenfalls Religion einmal so definiert: Religion, ist nichts anderes als „Aufstand gegen die Banalität“.[1] Und mit dem Begriff Banalität beschrieb sie ein Leben, dessen Wünsche und Sehnsüchte sich allein im Geldverdienen und Konsum erschöpfen, ein Leben, in dem Religion keine Rolle spielt und in dem ein tieferer Sinn gar nicht erst in den Blick gerät.

Ich glaube, dass Religion in diesem Punkt der Kunst ähnelt. Auch Kunst kann einen Aufstand gegen die Banalität des Lebens anzetteln, indem sie den Menschen ganz andere Wirklichkeiten vor Augen führt. Indem sie neue Welten schafft. Indem sie das Gespür dafür offen hält, dass die Dinge nicht so sein müssen, wie sie sind. Es kommt deshalb ja auch nicht von ungefähr, dass in Diktaturen die Kunstschaffenden oft zu den ersten gehören, die mundtot gemacht werden sollen.

Allein wegen dieser Eigenschaft ist alle Kunst für mich nichts Sekundäres und damit eben auch etwas Überlebenswichtiges – genauso wie Religion – gerade in Corona-Zeiten. Sie ist ein entscheidendes Element in einer freien, vielfältigen Gesellschaft. Weniger Kultur oder sogar sterbende Kultur, ist ein Schritt zu mehr Banalität. Und damit auch ein Schritt hin zu mehr Gleichgültigkeit, zu mehr Resignation, zu mehr Einförmigkeit. Deswegen kann Kunst nicht weg.

Dass Sie auch künftig ein vielfältiges kulturelles Angebot genießen können, das wünscht Ihnen Claudia Nieser aus Paderborn.


[1] Vgl. Dorothee Sölle, Der Aufstand gegen die Banalität. Zum Problem der Religion, in: dies. Und ist noch nicht erschienen, was wir sein werden. Stationen feministischer Theologie, München 19903, 17ff.

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