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Choralandacht | 13.03.2021 | 07:50 Uhr
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„Jesu meine Freude“ (eg 396)
Ensemble: Lautten Compagney Lautten Compagney Berlin.
Autorin: „Mega“, ruft die Studentin, als sie sich über die bestandene Klausur freut.
Sie grinst mich mit leuchtenden Augen an.
Oder mein Nachbarskind. Sie strahlt über das ganze Gesicht und erzählt mir aufgeregt,
dass sie heute Geburtstag hat, 4 Jahre alt wird und endlich ihr neues Fahrrad bekommen hat.
Ein langgehegter Wunsch.
Ausgelassene, echte Freude zu empfinden, das ist nach einem Jahr Corona wahrlich nicht selbstverständlich. Da klingt der Choral „Jesu meine Freude“ wie ein fröhlicher Ruf.
In der Sprache des 17. Jahrhunderts lässt uns jemand teilhaben an seiner Freude über den Glauben.
Musik 1
Sprecher – (Overvoice, Strophe 1):
Jesu, meine Freude, meines Herzens Weide, Jesu, meine Zier,
ach wie lang, ach lange ist dem Herzen bange und verlangt nach dir!
Gottes Lamm, mein Bräutigam, außer dir soll mir auf Erden nichts sonst Liebers werden.
Autorin: Der morgige Sonntag heißt "Lätare", das bedeutet übersetzt "Freut euch".
Er unterbricht die Reihe der ernsten Sonntage vor Ostern, klingt heller und leichter;
schafft eine Atempause auf dem Weg mit Jesus nach Jerusalem ans Kreuz.
Denn daran erinnert ja die Passionszeit: an Jesus, der dem Leiden nicht aus dem Weg geht.
Dass der Glaube gerade in schweren Zeiten Kraft, Orientierung und damit Freude geben kann, davon erzählt der Choral "Jesu, meine Freude".
Sprecher:
„Das ist meine Freude, dass ich mich zu Gott halte, bist du doch Gott,
allezeit meines Herzens Trost“- Ps 73, 26.28 (Luther, 2017)
Autorin: heißt es in Psalmversen aus der Bibel. Hier freut sich jemand, auch in schwerer Zeit glauben zu können und bei Gott Trost zu finden. Ein Grundvertrauen, das das Leben durchzieht wie eine Musik. Auch „Jesu, meine Freude“ ist ein Vertrauenslied für schwierige Zeiten.
Musik 2 (Orgel)
Titel: Jesu, meine Freude (fu?r Orgel); Komponist: Krebs, Johann Ludwig; Interpret: Tomadin, Manuel (Orgel); LC 09421-Brilliant Classics.
Sprecher (overvoice; Strophen 2 + 3):
Unter deinem Schirmen bin
ich vor den Stürmen aller Feinde frei.
Laß den Satan wettern, laß die Welt erzittern, mir steht Jesus bei.
Ob es jetzt gleich kracht und blitzt, ob gleich Sund und Hölle schrecken,
Jesus will mich decken.
Trotz dem alten Drachen,
trotz dem Todesrachen, trotz der Furcht dazu!
Tobe, Welt, und springe; ich steh hier und singe in gar sichrer Ruh.
Gottes Macht hält mich in acht; Erd und Abgrund muß verstummen, ob sie noch so
brummen.
Autorin: Johann Franck, der Dichter
des Liedes, weiß, wie ihm und den Menschen in seiner Zeit die innige Verbindung
mit Jesus hilft, Bedrohungen und Anfechtungen zu überwinden. Angst und
Pessimismus prägen das Lebensgefühl im 17. Jahrhundert. Ein Christ lebt in
Spannung zur Welt.
In ihr sind feindliche, dunkle,
bedrohliche Mächte am Werk. So erleben
es viele. Also singen die
Strophen von Stürmen, Feinden, Drachen, Krachen, Blitzen, Furcht, Elend und
Not. Und sind damit nahe an den Herausforderungen meines eigenen Lebens heute.
Nicht nur Corona hat die Existenz vieler Menschen bedroht und Leben zerstört.
Sorgen, Krankheit und Leid in Familien, auf den Krankenstationen.
Aber auch Anfeindungen im Netz, gewaltsame Ausschreitungen auf den Straßen, im Capitol in Washington, aufgeheizte Stimmung, düstere Prognosen... Da hat es die Freude schwer.
Musik 3: "Jesu meine Freude", BWV 713; Komponist: Bach, Johann Sebastian, Interpret: Armstrong, Kit; LC: 06868-Sony Classical
Autorin (overvoice): Der gleiche Choral in einer Bearbeitung am Klavier. Die fast süßlich klingende Melodie kämpft sich durch die vielen Tastentöne, das Gewirr der vielen Stimmen, das Durcheinander der Welt.
Und ist doch wie ein Continuo zuverlässig zu erkennen.
Musik 3
Autorin: In allen Wirren und Unsicherheiten fragen Lied und Musik nach dem Trotzdem meines Lebens.
Woran halte ich mich im Leben und im Sterben? Was bringt mich zum Lachen, bereitet mir Freude trotz aller schweren Zeiten, trotz Düsternis und Dunkelheit. Der Dichter Johann Franck ließ Zeit seines Lebens nicht ab vom Vertrauen in seinen Glauben. Die innige Sehnsucht nach Jesus trieb ihn an. So wie es dann auch später Johann Sebastian Bach aufgegriffen hat in seiner Vertonung dieses Liedes als Motette. Die Choralmelodie blüht zwischen den variantenreichen Strophen immer wieder erkennbar auf.
Musik 1
Sprecher (Overvoice, 4. Strophe)
Weg mit allen Schätzen! Du
bist mein Ergötzen, Jesu, meine Lust.
Weg, ihr eitlen Ehren, ich mag euch nicht hören, bleibt mir unbewußt!
Elend, Not, Kreuz, Schmach und Tod soll mich, ob ich viel muß leiden, nicht von Jesu scheiden.
Autorin: Johann Franck spielt auf ein Bekenntnis des Apostels Paulus aus dem Römerbrief an. Es hält die Hoffnung wach, dass in aller Bedrängnis eine Grundmelodie bleibt, eine Basis, auf die ich mich verlassen kann. Die mich hält und trägt. Mir Kraft gibt, stand zu halten, in den Stürmen meines Lebens, zu singen mitten im Aufruhr.
Der Schluss des Chorals zeigt ein doppeltes Resümee.
Für die, die Gott lieben, verliert die Trauer ihren bitteren Geschmack und wird „lauter Zucker“. Gerade im Leid erweist sich Jesus als die bleibende Freude.
Musik 1
Sprecher (5. Strophe – Overvoice)
Gute
Nacht, o Wesen, das die Welt erlesen, mir gefällst du nicht!
Gute Nacht, ihr Sünden, bleibet weit dahinten, kommt nicht mehr ans Licht!
Gute Nacht, du Stolz und Pracht; dir sei ganz, du Lasterleben, gute Nacht
gegeben!
Autorin: Auch wenn Lied und Melodie die Welt nicht schön zaubern.
Mir auch nicht Leid und Furcht nehmen. So lassen sie mich doch gelassen und gewiss werden.
Ein freudiges Trotzdem sagen und singen.
Mit einem Schuss Humor wird am Ende der feindlichen Welt „Gute Nacht“ gesagt.
Die Spannung löst sich in Ent-spannung. Auf Trauergeister reimt sich Freudenmeister –
die Sehnsucht aus der 1. Strophe wird gestillt: Jesus ist da.
Ja, es bleibt trotz allem Grund genug, sich zu freuen. Mega und sogar mit einem Strahlen im Gesicht.
Musik 1
Sprecher (Overvoice – 6. Strophe)
Weicht, ihr Trauergeister!
denn mein Freudenmeister, Jesus, tritt herein.
Denen, die Gott lieben, muß auch ihr Betrüben lauter Freude sein.
Duld ich schon hier Spott und Hohn, dennoch bleibst du auch im Leide, Jesu,
meine Freude.
Redaktion: Landespfarrer Dr. Titus Reinmuth