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Kirche in WDR 3 | 30.03.2021 | 07:50 Uhr

Tempelplatz

Guten Morgen!

Nach dem Einzug in Jerusalem, an den die Christen am Palmsonntag erinnern, ging Jesus den Evangelien zufolge in den Tempel. Beim Wort „Tempel“ haben viele Menschen die klassischen Tempel Griechenlands vor Augen, einzelne Gebäude mit Säulen darum herum. Nur wenige denken vielleicht an den Tempel in Jerusalem zurzeit Jesu. Mir steht er jedenfalls vor Augen, wie er in einem Modell in Jerusalem heute präsentiert wird und zwar im Museum des Jerusalemer Gästehauses des Deutschen Vereins vom Heiligen Lande, für den ich arbeite.

Dort sieht man, dass dieser Tempel eine gewaltige Anlage war, eine Art Akropolis mit Säulengängen, riesigen Höfen und dem eigentlichen Tempelbau in der Mitte. Noch heute umfasst der Platz etwa ein Fünftel der Altstadt Jerusalems! Das ist so groß wie etwa fünf Fußballfelder. Der Platz war Ort des Opferkultes, aber auch Treffpunkt, Lehrort, Sitz wichtiger Gremien und der Zentralbank.

Immer wieder wird der Tempel in der Bibel erwähnt. Von Jesus heißt es, dass er Händler und Geldwechsler aus dem Tempel getrieben habe. Für manche Christen ist das immer noch verstörend, plötzlich einen Jesus zu sehen, der „Gewalt gegen Sachen“ und Menschen nicht nur duldet, sondern selbst praktiziert. Andere lieben gerade diesen zornigen Jesus, der nicht nur sanft und lieb ist, sondern für seine Sache und die Sache Gottes brennt und kämpft.

Seit fast 2000 Jahren, ist dieser Tempel zerstört. Die Christen ließen den Platz bewusst unbebaut – hatten sie doch als ihr Zentrum in Jerusalem die Grabeskirche. Erst die Muslime benutzten ab dem 7. Jahrhundert den Platz erneut. Sie errichteten zuerst die el-Aqsa-Moschee und dann dort, wo einst der Altar des Tempels stand, den sogenannten Felsendom. Während der Kreuzfahrerzeit wurde der unter dem Namen „Templum Domini“, „Tempel des Herrn“ als Kirche genutzt. Heute ist der Bau mit seinen blauen Kacheln und der goldglänzenden Kuppel nicht nur Wahrzeichen von Jerusalem, sondern zweifellos das schönste Gebäude der Stadt.

Und er ist Teil des Konfliktes zwischen Israelis und Palästinensern, der hier auch eine religiöse Dimension bekommt. Muslime beanspruchen die Souveränität über den Platz. Aber auch nationalreligiöse Juden fordern für sich nicht nur das Recht zum Besuch des Platzes, sondern wollen dort auch ihr rituelles Gebet verrichten. Dabei hat das Oberrabbinat das Betreten des Platzes eigentlich verboten um zu vermeiden, versehentlich den Platz des Allerheiligsten zu betreten. Im Gegenzug bestreiten nun Muslime, dass hier je ein Tempel mit dem Allerheiligsten gestanden hat. Und das, obwohl der Platz eben wegen dieser Vergangenheit gewählt wurde.

Jesus begründete damals seine „Tempelreinigung“ damit, dass der Tempel ein „Haus des Gebetes für alle Völker“ sein soll – und keine „Räuberhöhle“ (vgl. Mk 11,17). Deshalb hat der christliche Theologe Hans Küng vorgeschlagen, den Felsendom als Symbol der Einheit und der Versöhnung der drei abrahamitischen Religionen anzusehen. Gläubige aus dem Judentum, dem Christentum und dem Islam könnten dort beten, vielleicht sogar gemeinsam.

Das ist zurzeit Utopie. Wie in der innerchristlichen Ökumene müssen wir uns vielleicht von der Vorstellung verabschieden, dass irgendwann alle Konfessionen und Religionen eins sind. Nur „versöhnte Verschiedenheit“ kann, muss das Ziel sein.

In Jerusalem habe ich aber gelernt, dass dafür etwas notwenig ist, was man „vertikale Ökumene“
nennt. D.h.: Wir müssen nicht nur die Ähnlichkeit der Religionen feststellen, sondern in die Vergangenheit hinabsteigen um zu entdecken, wieviel wir alle unseren Vorläufern verdanken.
Das Verdrängen dieses Erbes im Zuge der Trennung hindert daran, die tiefe Verwandtschaft der Religionen – Kanannäer, Juden, Christen, Muslime – wirklich zu verstehen und zu würdigen.

Jerusalem und sein Tempelplatz können Orte des Konfliktes und des Krieges sein – aber auch Ort der Selbsterkenntnis und des Staunens, Ort der Demut vor dem, der alle Religionen übersteigt und will, dass dieser Ort ein Bethaus für alle Völker ist.

Aus dem Heiligen Land grüßt Sie Georg Röwekamp.

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