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Choralandacht | 03.07.2021 | 07:50 Uhr
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Wenn ich, O Schöpfer, deine Macht… (eg 506 )
Musik 1: „Wenn ich, o Schöpfer, deine Macht“, Komponist: Peter Sohr; Bearbeiter: Otto Haubrich, Interpret: Blechbläserensemble Pian e Forte; Label: unbekannt; LC-Nr.: 99999; Verlag: Verlag und Schriftenmission.
Autor: Nee. Das kann kein Mensch gemacht haben. Das kann auch nicht einfach Zufall sein!
Wenn ich die Schönheit und Vollkommenheit der Natur auf mich wirken lasse, bin ich einfach überwältigt. Dann denke ich: eigentlich müsste das doch jeder erkennen – und Gott aus vollem Herzen danken. Genau dazu lädt unser heutiger Choral ein. Wer will, kann also mit einstimmen. Es in ein Lobpreis Gottes angesichts der Wunder in seiner Schöpfung.
Musik 2,
Choral, 1. Strophe: Titel:
Wenn, ich oh Schöpfer, deine Macht;
Text: Christian Fürchtegott Gellert; Melodie: Peter Sohr 1668; Interpret: Das
Solistenensemble; Leitung: Gerhard Schnitter; Album: Matthias Claudius und
seine Zeitgenossen – Am Himmel hell und klar; Label: hänssler-music;
LC-Nr.:07224.
Wenn ich, o
Schöpfer, deine Macht, die Weisheit deiner Wege, die Liebe, die für alle wacht,
anbetend überlege: so weiß ich, von Bewund’rung voll, nicht wie ich dich
erheben soll, mein Gott, mein Herr und Vater.
Sprecherin: Wenn ich, o Schöpfer,
deine Macht, die Weisheit deiner Wege, die Liebe, die für alle wacht, anbetend
überlege: so weiß ich, von Bewund’rung voll, nicht wie ich dich erheben soll,
mein Gott, mein Herr und Vater.
Autor: Christian Fürchtegott Gellert, der Dichter und Philosoph aus der Zeit der Aufklärung, hat den Text in einer Sammlung mit dem Titel „Geistliche Oden und Lieder“ 1757 veröffentlicht.
Gellert, in einer Pfarrersfamilie mit dreizehn Kindern aufgewachsen, kam aus sehr bescheidenden Verhältnissen – und machte dennoch eine erstaunliche Karriere!
Er studierte,
hielt sich mit Jobs über Wasser - und wurde dann sogar selbst Professor in
Leipzig. In seinen Vorlesungen ging es um die so genannten schönen
Wissenschaften: Poesie, Literatur, Ethik und Moral.
Gellert hatte
eine Vorliebe für das Schöne und war überzeugt: die Literatur ist das geeignete
Mittel, um die Menschen zu erziehen. Und so veröffentlichte er Lieder, Fabeln,
Lehrgedichte, Theaterstücke und Romane. Er wollte im Menschen den Sinn für das
Schöne wecken und die Neigung zum Guten stärken. Im Vorwort zu seinen
geistlichen Oden und Liedern schreibt er:
Sprecher: „Wenn die Sprache der
Poesie vorzüglich geschickt ist, den Verstand auf eine angenehme Weise zu
beschäftigen; wenn sie geschickt ist, das Herz in Bewegung zu setzen und
Empfindungen der Freude, der Liebe, des Mitleidens und des Schmerzes zu
erwecken, so ist es unstreitig eine große Pflicht der Dichter, diese Kraft den
Wahrheiten und Empfindungen der Religion zu widmen.“
Musik 1, Bläser
Sprecherin
(overvoice): Mein Auge sieht, wohin es blickt, die Wunder deiner Werke; der
Himmel prächtig ausgeschmückt, preist dich, du Gott der Stärke. Wer hat die
Sonn an ihm erhöht? Wer kleidet sie mit Majestät? Wer ruft dem Heer der Sterne?
Wer misst dem
Winde seinen Lauf? Wer heißt die Himmel regnen? Wer schließt den Schoß der Erde
auf, mit Vorrat uns zu segnen? O Gott der Macht und Herrlichkeit, Gott, deine
Güte reicht so weit, soweit die Wolken reichen.
Musik 2, Choral, 2. und 3. Strophe
Mein Auge sieht, wohin es blickt, die Wunder deiner Werke; der Himmel
prächtig ausgeschmückt, preist dich, du Gott der Stärke. Wer hat die Sonn an
ihm erhöht? Wer kleidet sie mit Majestät? Wer ruft dem Heer der Sterne?
Wer misst dem Winde seinen Lauf? Wer heißt die Himmel regnen? Wer schließt den Schoß der Erde auf, mit Vorrat uns zu segnen? O Gott der Macht und Herrlichkeit, Gott, deine Güte reicht so weit, soweit die Wolken reichen.
Autor:
Ich kann dieses Lob aus vollem Herzen mitsingen. Ich kann auch
diese Dankbarkeit Gott gegenüber für seine Schöpfung ganz tief empfinden. Zum
Beispiel: Wenn ich in den Bergen wandere und die Aussicht auf der Höhe genieße.
Dann ergreift mich so ein Gefühl von Ehrfurcht. Dann bin ich überwältigt. Es
ist wunderbar. Ich danke dir, mein Gott, dass Du alles so wunderbar gemacht
hast – so betet es dann wie von selbst aus mir heraus.
Ein bisschen neidisch denke ich: Der Gellert, der hatte es gut! Der konnte noch ganz unbeschwert einen solchen Text dichten. Er wusste noch nichts von Atomversuchen und Wasserstoffbombenexplosionen in der Südsee, wusste nichts von „Agent Orange“, Tschernobyl und Fukushima und nichts von einer herannahenden Klimakatastrophe.
Gellert hatte ein
eher optimistisches Bild vom Menschen. Er glaubte, den
Menschen durch
die Vernunft ändern zu können. Und er hatte sich den Leitsatz seiner Epoche,
der Aufklärung, zu eigen gemacht: „Habe den Mut, dich deines eigenen Verstandes
zu bedienen.“ Er dachte also: der Mensch sei verständig.
Sprecherin: Der Mensch, ein Leib, den deine Hand so wunderbar bereitet, der Mensch, ein Geist, den sein Verstand dich zu erkennen leitet: der Mensch, der Schöpfung Ruhm und Preis, ist sich ein täglicher Beweis von deiner Güt’ und Größe.
Musik 2, Choral, 5.Strophe:
Der Mensch, ein Leib, den deine Hand so wunderbar bereitet, der Mensch, ein Geist, den sein Verstand dich zu erkennen leitet: der Mensch, der Schöpfung Ruhm und Preis, ist sich ein täglicher Beweis von deiner Güt’ und Größe.
Autor: Heute sagen viele mit
Recht: das Konzept der Aufklärung ist gescheitert. Der Mensch ist nicht
vernünftig. Da sind ganz andere Kräfte am Werk! Ich singe diesen Choral
trotzdem noch immer gerne! Denn die Spuren von Gottes Macht und Größe in seiner
Schöpfung: sie sind für mich noch immer sichtbar. Ich kann sie mit meinen
Sinnen aufnehmen.
Was aus dieser
wunderschönen Erde geworden ist und noch werden wird, das steht freilich auf
einem anderen Blatt.
Gott hat uns seine Schöpfung anvertraut. Wir Menschen haben von Gott das Mandat für diese Erde und sind für sie verantwortlich. Das bedeutet auch: Wir werden die Suppe auslöffeln müssen, die wir uns eingebrockt haben! Vor allem unsere Kinder, Enkel und Urenkel werden mit dem, was wir Gottes guter Schöpfung angetan haben, zurechtkommen müssen! Das macht mich traurig. Und mit dieser Einsicht wächst mein Gefühl von Ohnmacht.
Darum lautet mein Gebet heute so: Gott, Du hast Vertrauen in uns Menschen gesetzt. Gib, dass wir dieses Vertrauen nicht missbrauchen. Verteidige dein Werk gegen uns Menschen, wenn es sein muss. Schütze uns vor uns selbst. Auch um der Menschen willen, die jetzt schon unter der nahenden Klimakatastrophe leiden. Wir hoffen auf Dich! Du bist von Anbeginn unser Vater, der für uns sorgt. Lass uns jetzt nicht allein.
Musik 2, Choral, 6. Strophe:
Erheb ihn
ewig, o mein Gott, erhebe seinen Namen; Gott unser Vater sei gepreist, und alle
Welt sag Amen, und alle Welt fürcht’ ihren Herrn und hoff auf ihn und dienet
ihm gern. Wer wollte Gott nicht dienen?
Quellen: Christian Fürchtegott Gellert: Geistliche Oden und Lieder – Vorrede
www.lyriktheorie.uni-wuppertal.de
Redaktion: Landespfarrer Dr. Titus Reinmuth