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Choralandacht | 25.09.2021 | 07:50 Uhr

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Der Geist des Herrn erfüllt das All (eg 566)

Autor: Heute bin ich heiter gestimmt und fühle sogar eine gewisse Unbekümmertheit. Objektiv gesehen gibt es nur wenig Gründe dafür. Ich muss mich mit den gleichen Dingen herumschlagen wie gestern und vorgestern: Aufgaben, um die ich mich kümmern muss; Sorgen, die mich nicht loslassen; ein Alltag, der bewältigt werden will. Manchmal geht mir auch der rote Faden verloren und ich frage mich: Warum und woraufhin tue ich das alles? Aber ich bin einem Choral begegnet und der hat das Gefühl von heiterer Unbekümmertheit in mir ausgelöst. Und je tiefer ich in den Choral eintauche, desto anhaltender wird dieses Gefühl. „Der Geist des Herrn erfüllt das All“ – das Lied wurde 1941 von Maria Luise Thurmair geschrieben. Die beschwingt-luftige Melodie lag ihr schon vor. Sie stammt aus der Feder von Melchior Vulpius, einem bedeutenden Komponisten, der zwischen der Reformation und dem dreißigjährigen Krieg viele Melodien geschaffen hat, die bis heute erhalten sind. (00.60)


Musik: BüroArchiv194-Track05-6999814741101-Der-Geist-des-Herrn, Vers 1


Sprecherin (overvoiced): Der Geist des Herrn erfüllt das All mit Sturm und Feuersgluten;
er krönt mit Jubel Berg und Tal, er lässt die Wasser fluten.
Ganz überströmt von Glanz und Licht, erhebt die Schöpfung ihr Gesicht,
frohlockend: Halleluja. (00.37)


Autor: Maria Luise Thurmair,
geboren 1912 in Bozen und gestorben 2005 in München, war eine
katholische
Theologin,
Schriftstellerin
und Kirchenlieddichterin. Sie war maßgeblich beteiligt an der Entwicklung des katholischen Gesangbuchs „Gotteslob“, zu dem sie selbst 38 Lieder beisteuerte. Auch im Evangelischen Gesangbuch ist sie mit einigen Liedern vertreten, unter anderem mit unserem Choral – eine Auftragsarbeit für das neu geplante Innsbrucker Diözesangesangbuch im Jahre 1941. Das Lied existiert in zwei Fassungen, eine mit sieben Strophen und eine mit nur vier. In einem weiten Bogen erzählt es die Geschichte Gottes mit den Menschen nach, von der Schöpfungsgeschichte über die Propheten bis hin zum Wirken Jesu und der Ausgießung des Heiligen Geistes an Pfingsten.


Strophe 1 beginnt bei der Schöpfung, erinnert an den irrlichternden Geist über den Urfluten und an das „Es werde“ aus dem ersten Schöpfungsbericht: Ganz überströmt von Glanz und Licht, erhebt die Schöpfung ihr Gesicht, frohlockend: Halleluja.


Diesem frohlockenden Halleluja schließe ich mich gern an. Damit die Bilder von Klimawandel und Unwetterkatastrophen nicht die einzigen Bilder sind, die mich bestimmen. Ich spüre: Ich bin ein Teil von Gottes Schöpfung. Ich freue mich daran. Und ich darf hoffen, dass sein Geist diese Schöpfung durchdringt.


Der zweite Vers knüpft an die Tradition der alttestamentlichen Propheten an, formuliert aber – wie alle Verse – in der Gegenwart. Der Autorin war wichtig, dass die Menschen, die das Lied singen, das Gesungene in ihr eigenes Leben, ihren eigenen Glauben holen können. (00:95)


Musik: BüroArchiv194-Track05-6999814741101-Der-Geist-des-Herrn, Vers 2


Sprecherin (overvoiced): Der Geist des Herrn erweckt den Geist in Sehern und Propheten,
der das Erbarmen Gottes weist und Heil in tiefsten Nöten.
Seht, aus der Nacht Verheißung blüht; die Hoffnung hebt sich wie ein Lied
und jubelt: Halleluja. (00:37)


Autor: Gerade wenn es dunkel ist, erhebt sich die Hoffnung, dichtet Maria Luise Thurmair. Dann braucht es vielleicht Seher und Propheten, die einen Weg zeigen können. Raus aus der Krise, hinein in eine andere Zukunft. 1941 wird sie an andere Dinge gedacht haben als wir heute, 2021. Propheten sagen selten: Macht ruhig weiter so, das wird schon. Sie erinnern an Gott und seine Idee von dieser Welt. Das gibt Hoffnung. Ich kenne auch persönliche Krisen, da komme ich alleine nicht mehr raus. Wenn ich erschöpft bin. Wenn die Gesundheit nicht mehr so mitspielt. Ich brauche dann andere Menschen. Das müssen nicht Seher oder Propheten sein. Aber Menschen, die mich behutsam erinnern an meine Erfahrungen mit Barmherzigkeit und Heil: Weißt du noch, damals…? Und denkst du, das könnte auch morgen helfen? Und die so in mir ein kleines Pflänzchen namens Hoffnung pflanzen, die mir helfen, mein verstummtes Lebenslied wieder fortzusetzen. (00:40)


Musik: BüroArchiv194-Track05-6999814741101-Der-Geist-des-Herrn, Vers 3


Sprecherin (overvoiced): Der Geist des Herrn treibt Gottes Sohn, die Erde zu erlösen;
er stirbt, erhöht am Kreuzesthron, und bricht die Macht des Bösen.
Als Sieger fährt er jauchzend heim und ruft den Geist, dass jeder Keim
aufbreche: Halleluja. (00:37)


Autor: Dass jeder Keim aufbreche. Wie mögen sich die Leute gefühlt haben, die diese Worte damals 1941 zuerst gesungen haben? Mutig und zuversichtlich? Und bricht die Macht des Bösen – mitten im 2. Weltkrieg? Oder Ängstlich und verhalten? Maria Luise Thurmair hat das Naziregime stets abgelehnt. Es braucht Mut, so etwas zu schreiben. Und Mut, so ein Lied zu singen. Das ganze Lied ist damit auch eine Art geisterfülltes Gegenprogramm gegen den Un-Geist dieser Zeit. Auch heute gibt es totalitäre Regime mit ihren verdrehten Wahrheiten und Ideologien. Es gibt Gewaltherrschaft. Das Lied möchte dazu beitragen, dies zu überwinden – im Hoffnung stiftenden Glauben an den Heiligen Geist. Nicht die Herren dieser Welt, sondern Gottes Herrlichkeit soll sich durchsetzen. Die folgenden Liedzeilen wirken vor diesem Hintergrund wie gesungene Bitten. Der Geist tröstet die, die unter Krieg und Unrecht leiden (die Herzgebeugten), oder jene, die bereits ihr Leben verloren haben (die sich in Demut neigten). Und die, die dieses Lied sangen und singen, bitten damit um Frieden und Gnade. (00:70)


Sprecherin: Der Geist des Herrn fällt wie ein Tau auf alle Herzgebeugten,
und füllt mit Trost und selger Schau, die sich in Demut neigten.
O friedensvolles Innesein, o gnadenvolles Benedei'n,
o lichtes Halleluja! (00:15)


Autor: So heißt es in einer Strophe, die heute nicht mehr im Gesangbuch abgedruckt ist. In Zeiten wie damals, wie heute und wohl auch morgen, in denen Kriege, Krankheiten oder Naturkatastrophen Tausende das Leben kosten, ganze Städte zerstört werden und Not und Elend auf der Tagesordnung stehen, da bleibt eine starke Sehnsucht: dass sich das Leben zum Guten wende. Diese Hoffnung ist ein inneres und zentrales Thema des Liedes, das in vielen Facetten besungen wird.
Für mich wird das auch im Halleluja am Ende eines jeden Verses deutlich: Es ist ein lichtes, lobendes, jubelndes Halleluja, gewaltig und unbändig wie der Geist des Herrn selbst, unbekümmert und heiter. (00:40)


Musik: BüroArchiv194-Track05-6999814741101-Der-Geist-des-Herrn, Vers 4


Sprecherin (overvoiced): Der Geist des Herrn durchweht die Welt gewaltig und unbändig;
wohin sein Feueratem fällt, wird Gottes Reich lebendig.
Da schreitet Christus durch die Zeit in seiner Kirche Pilgerkleid,
Gott lobend: Halleluja. (00:37)


Autor: Hier wird eine Vision sichtbar, die mich begeistert, die mir aber auch ein wenig den Atem verschlägt. Weil sie so groß, so kühn und kraftvoll ist. Der Autorin scheint völlig egal, ob ihre Vision irgendwelchen rationalen Rückfragen standhält. Diese Bilder sollen den Glauben stärken und die Zuversicht vertiefen. Was Menschen seit Jahrtausenden ersehnen, ein Leben in Frieden und ohne Hunger, in Gerechtigkeit und ohne Gewalt, im Einklang mit allem anderen Leben, das wird mit wenigen Worten herausgesungen. Ich singe mit, spüre im Singen die Lebendigkeit des Geistes und bin auf einmal Teil der Geschichte Gottes mit den Menschen. Und jetzt kann ich mir gar nicht mehr vorstellen, dass diese Geschichte anders als so endet: (00:45)


Sprecherin: Der Geist des Herrn erfüllt die Zeit, die Sehnsucht aller Hügel;
reißt sie aus der Verlorenheit auf seine Sturmesflügel;
und holt sie heim ins Reich des Lichts, dass sie verklärten Angesichts
lobsinge: Halleluja! (00:15)


Autor: Kein Wunder also, dass ich heute heiter unbekümmert gestimmt bin. Weil ich am Ende meines Lebens Zuhause sein werde. Weil ich am Ende zurückschauen kann und sehen werde: Es war längst nicht alles gut, aber es hat alles Sinn. Denn alle Bruchstücke meines Lebens finde ich eingeordnet in Gottes größerer Geschichte mit mir und meiner Welt. Und wenn ich wieder einmal meinen roten Lebensfaden verlieren sollte, werde ich dies Lied singen. Werde ich seine starken Bilder in mir wirken lassen. Werde ich Kraft aus dieser Vision schöpfen. Bis ich wieder weiß: Am Ende wird alles gut. (00:35)



Redaktion: Landespfarrer Dr. Titus Reinmuth


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