Elisabeth, Rita, Reinhard und die Gastfreundschaft

Reinhard holt uns, die rheinische Chaosfamilie, am Hafen ab. Wenn die Spiekeroog II anlegt, dann steht er bereits mit der Lastenkarre und seinem, von der Seeluft angerosteten Fahrrad da. Wir kennen den Weg zur Inselkirche St. Peter. Wir kommen ja schon 8 Jahre, um auf Spiekeroog unsere Ferien zu verbringen und ein wenig bei der Inselseelsorge mitzuhelfen. Wir kennen den Weg – Er steht trotzdem da.

Und Elisabeth hält alles im Blick…, wenn sie nicht Inseltaxi fährt, kümmert sie sich. Dass unsere Betten bereitstehen und alles in Ordnung ist, dass die Blumen in der Kirche schön aussehen und sich alle wohlfühlen. Das ist nicht selbstverständlich – und das macht es besonders.

Und Rita stimmt in den Gottesdiensten die Lieder an, trägt die Lesung vor, saugt (wenn es nötig ist) auch den kleinen Gemeindesaal. Und gemeinsam kochen Sie Rosengelee, den sie für den Erhalt der Kirche verkaufen. Und sie verstehen sich. Wenn man sie so sieht, dann merkt man, die drei lieben was sie tun.

Und gemeinsam tragen sie die kleine Gemeinde St. Peter, oben auf den Dünen auf Spiekeroog, die sich wie ein Zelt in den Himmel der wunderschönen Insel fügt. Und wenn die Touristen weg sind, dann ist St. Peter immer noch da, und auch die Gemeinde. Diese ist klein, aber sie lebt weiter. Klar! Da sind ja Reinhard, Elisabeth und Rita.

Jahr für Jahr erleben wir auf dieser schönen Insel eine Traumzeit. Nicht nur die Natur, die schönen Spaziergänge und die Gezeiten beschenken uns. Es sind auch diese drei Menschen, die mich Jahr für Jahr glücklich machen.

Was das ist, habe ich mich in diesem Jahr gefragt, was mich so beschenkt? Ich bin der Sache nachgegangen und auch irgendwie fündig geworden.
Schon längst habe ich nämlich registriert, dass jene Kirche kaum noch existiert, die mich als Kind geprägt hat und mich so sehr faszinierte, dass ich heute sogar in ihr, mit ihr und für sie arbeite. Die „Pfarrfamilie“ ist irgendwie „dahin“.

Und dann sehe ich, wie in dieser Kirche so manches immer deutlicher und unübersehbar wird, was mir und vielen anderen schmerzlich weh tut. Dieses „System Kirche“ hat über Jahrhunderte Menschen verletzt und klein gehalten, wo es eigentlich sorgen hätte sollen. Es hat Vertrauen missbraucht und manch ein Leben zerstört.

Warum ich bleibe, wurde ich in den letzten Monaten oft gefragt. Ich habe so vor mich hingebrabbelt: „Wegen der Menschen!“ .- und ich bin nicht sicher, ob ich es selber geglaubt habe. Zumindest hat es mich irgendwie beruhigt, eine Antwort gefunden zu haben.

Elisabeth, Rita und Reinhard… die drei haben mir im Sommerurlaub 2021 die Augen geöffnet, dass ich mit meiner Antwort irgendwie gar nicht so falsch lag. Aber: sie haben durch ihre Art „Kirche auf der Insel“ zu sein auch gezeigt, wie ich mir meine Kirche heute wünsche.

Dass dies auch heute geht, auch wenn Strukturen sich längst geändert haben, machen sie alltäglich vor.

Das Leben auf Spiekeroog geht auch nach unserem Urlaub weiter.

Und das Zelt der Inselkirche St. Peter reckt sich in den Abendhimmel und dahinter geht die Sonne in der Nordsee unter.

Und mit den Gedanken an diese Menschen und diesen Ort bleibt die Hoffnung in mir lebendig, dass unsere Kirche (Gott sei Dank) noch nicht verloren ist. Nicht mit Reinhard, der verlässlich die Gäste abholt. Nicht mit Elisabeth, die alle umsorgt, nicht mit Rita, die im Kirchraum Lieder der Hoffnung anstimmt. Und falls Sie mal auf Spiekeroog sind. Und falls Sie einen der drei treffen: Einen herzlichen Gruß von mir… und probieren Sie das Gelee. Die lieben da, was sie tun. Und das schmeckt man!

Einen appetitlichen Tag wünscht Bastian Rütten aus Kevelaer.