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Kirche in WDR 3 | 09.11.2021 | 07:50 Uhr

Worte, die tragen

Guten Morgen!

„Lauf Junge lauf“, so heißt der Titel eines Films, der die authentische Geschichte des achtjährigen Yoram Fridman erzählt, seine Flucht aus dem Warschauer Getto, sein langer Weg in die Freiheit. Dieser jüdische Junge steht mir vor Augen, heute, am 9. November, an dem wir in Deutschland der Reichsprogromnacht 1938 gedenken. Damals brannten überall im Land die Synagogen: Fanal des nationalsozialistischen Vernichtungswahns. Am Ende war das Leben von 6 Millionen Juden ausgelöscht.

Dann diese wunderbare Geschichte von Flucht und Befreiung, wie sie dieser Film erzählt: Es ist die Leidens- und Fluchtgeschichte eines Jungen, der sich alleine durchschlägt, drei Jahre lang, abgeschieden in den Wäldern, versteckt in Höfen und Scheunen, aber auch gejagt, verraten, verwundet. Doch Yoram überlebt. Es ist ein Wunder! „Lauf Junge lauf“, das waren die letzten Worte seines Vaters. Er hat ihn nie wiedergesehen. Mit eindringlichen Worten hatte er ihn beschworen: „Sag niemandem, wer Du wirklich bist. Aber vergiss niemals, dass du ein Jude bist!“ Die Worte seines Vaters, sein Vermächtnis.

Ja, als Jude von Gott zu reden, das war gefährlich, damals. Lebensgefährlich. Aber sich der eigenen religiösen Wurzeln erinnern, das war lebensnotwendig; sich den eigenen Glauben bewahren, um weiterzuleben und weiterzugehen. Sich ein Leben lang dessen bewusst sein, was im Letzten Halt gibt – und den Mut und die Kraft, nicht aufzugeben, weiterzulaufen, allen Widerständen und Widrigkeiten zum Trotz. „Lauf Junge lauf!“

Für den jungen Yoram war der eindringliche Appell des Vaters der innere Antrieb, um durchzuhalten und nicht aufzugeben. „Du darfst niemals vergessen, dass du ein Jude bist!" Für mich klingt das so, als wollte der Vater sagen: Gott gibt dir die Kraft. Vergiss das nie! Mit ihm kannst du alle Hindernisse überwinden, wie es in den Psalmen heißt (Ps 18): „Mit meinem Gott überspringe ich Mauern. Mein Gott macht meine Finsternis hell.“

Vielleicht war das so ein Wort, das auch Abraham Sutzkever gerettet hat, ein bekannter jiddischer Dichter, dem gleichfalls die Flucht aus dem Ghetto gelungen ist. Später hat er einmal davon berichtet:

Sprecher: „Ich lernte in den Wäldern der Partisanen die große Kraft des Wortes, als ich ein Feld mit Landminen durchqueren musste. Keiner wusste, wo die Minen vergraben waren. Eine einzige Bewegung konnte den Tod bedeuten. Aber ich trug eine Melodie in mir, und ich ging durch das Minenfeld im Rhythmus dieser Melodie, einen ganzen Kilometer lang, und überquerte es.“[1]

Sutzkever spricht von der großen Kraft des Wortes, vielleicht eines Gebets, wie er es in der Synagoge immer wieder gehört hat. Ein Wort, das die Kraft hat, zu retten und zu befreien! Das ihm auf seinem Weg durch das Minenfeld zur Lebensmelodie wurde, ihn wortwörtlich über alle Hindernisse hinweggetragen hat: „Mit meinem Gott überspringe ich Mauern. Mein Gott macht meine Finsternis hell.“

Ich sehe sie beide vor mir: Yoram, den jüdischen Jungen, und Abraham Sutzkever, den jiddischen Dichter. Beide verließen sich auf ein Wort, das ihnen die Kraft gab, nicht aufzugeben, sondern weiterzugehen, selbst inmitten eines Minenfeldes. Und ich stelle mir vor, dass es auch heute solche Worte gibt, die Gott einem jeden Menschen ins Herz gelegt hat. Worte, die aufrichten und Mut machen, die durchtragen, auch in schwierigen Situationen und einsamen Kämpfen. Wir müssen sie nur finden, in uns hineinhören, immer wieder neu, und sie in uns zum Klingen bringen. Ich bin mir sicher: Sie werden den Lauf unseres Lebens verändern.

Ich bin Peter Klasvogt aus der Kommende Dortmund. Kommen Sie gut durch den heutigen Tag.

[1] David Grossman, Eröffnungsrede auf der 72. Frankfurter Buchmesse, 13.10.2020

https://www.fr.de/frankfurt/eroeffnung-buchmesse-das-schreiben-ist-widerstand-90069157.html

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