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Kirche in WDR 3 | 10.06.2022 | 07:50 Uhr

Der Beichtvater

Guten Morgen!

Vor einigen Tagen fiel mir wieder eine Erzählung von Hermann Hesse in die Hände: Der Beichtvater.[1] Mich muss diese Novelle als Jugendlicher sehr angesprochen haben, denn viele der Textstellen sind am Rand mit Bleistift markiert. In der Novelle geht es um Josephus Famulus, einen Wüstenvater in der Frühzeit des Christentums. Zu ihm pilgern die Menschen von weither, um sich bei ihm auszuzusprechen und bei ihm abzuladen, was sie belastet und bedrückt.

Sprecher: "Wenn ein Bruder aus einer der Siedlungen oder ein vom Gewissen beunruhigtes und getriebenes Weltkind sich bei Josef einfand und ihm von seinen Taten, Leiden, Anfechtungen und Verfehlungen beichtete, […] so verstand Josef ihn anzuhören, ihm sein Ohr und Herz zu öffnen und hinzugeben, sein Leid und seine Sorge in sich aufzunehmen und zu bergen und ihn entleert und beruhigt zu entlassen.[2]"

/ Josephus hört ihnen allen zu, schweigend und in großem Ernst, ohne zu tadeln und ohne zu belehren. Wenn dann der Pilger sich alles von der Seele geredet hat, lässt er ihn sich niederknien und gibt ihm einen Kuss auf die Stirn, bevor er ihn wieder entlässt.

Mich hat diese schlichte Szene schon damals sehr beeindruckt. Natürlich gab und gibt es auch heute großartige Beichtväter und Beichtmütter: Männer und Frauen, denen man sich vorbehaltlos anvertrauen kann, ohne sich rechtfertigen oder schämen zu müssen.

Aber es ist gar nicht so leicht, jemanden zu finden, der so zuhört, ohne zu urteilen: Der nicht über einen richtet, sondern einen wieder aufrichtet.

Josephus, der Beichtvater, in Hermann Hesses Novelle scheint so jemand zu sein:

Sprecher: "Es schien alles, was ihm an Klagen, Geständnissen, Anklagen und Gewissensängsten zugetragen wurde, in sein Gehör einzugehen wie Wasser in Wüstensand, er schien kein Urteil darüber zu haben und weder Mitleid noch Verachtung für den Beichtenden zu fühlen, und dennoch, oder vielleicht eben darum, schien das, was ihm gebeichtet wurde, nicht ins Leere gesagt, sondern im Sagen und Gehörtwerden verwandelt, erleichtert und gelöst zu werden.[3]"

Um jemandem wie Josephus seine Sünde und Schuld zu beichten, braucht es offensichtlich keinen Beichtstuhl und auch keinen festen Kirchort. Dennoch fehlt jener literarischen Gestalt, von Hermann Hesse so überzeugend skizziert, meines Erachtens doch etwas sehr Wesentliches: das erlösende Wort der Vergebung. Denn dazu bedarf es eines anderen: der das Schuldbekenntnis nicht nur anhört, sondern auch vergibt, der nicht nur – wie Josephus – alles Gehörte in sich aufnimmt, sondern es weiterträgt vor Gott, der voll Erbarmen ist. Es braucht dazu Menschen, die einem Mut machen, die eigene Scham zu überwinden und sich diesem Gott auszusetzen, der Vergebung schenkt.

Mir hat diese Josefs-Geschichte letztendlich geholfen, nach Jahren auch selber wieder einen Zugang zur Beichte zu finden. Und ich hatte das Glück, an jemanden zu geraten, vor dem ich alles, was mich bedrückte, ausbreiten konnte und der mir am Ende sogar sagen konnte: „Deine Sünden sind dir vergeben. Geh hin in Frieden.“

Und das ist mehr, als Josephus Famulus, mir je hätte sagen können.

Ich bin Peter Klasvogt aus der Kommende Dortmund. Kommen Sie gut durch den heutigen Tag!

[1] im Anhang seines Romans „Das Glasperlenspiel [2] Hesse 2012, 450f.

[3] Hesse 2012, S. 451

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