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Kirche in WDR 3 | 05.01.2023 | 07:50 Uhr
Tempel der unsterblichen Liebe
Eine der ergreifendsten Liebesgeschichten der Welt ist sicherlich die von Sha Jahan und Muntaz Mahal aus dem 17. Jahrhundert. Shah Jahan wird heute vor 430 Jahren als Prinz Khurram im heutigen Indien geboren. Er ist der Sohn des Großmoguls Jahangir von Indien. Im 17. Jahrhundert erreicht das Mogulreich seinen Höhepunkt an Macht und Reichtum. Schon im Jugendalter wird Prinz Khurram mit Muntaz Mahal verlobt. Es ist eine arrangierte Ehe aus politischen Gründen, aber trotzdem ist es Liebe auf den ersten Blick. Als der Prinz 20 Jahre alt ist, heiraten die beiden. Prinz Khuramm entwickelt sich zu einem großen und erfolgreichen Feldherren und erhält von seinem Vater den Titel Sha Jahan, „Herrscher der Welt“. Nach dem Tod seines Vaters tritt „Sha Jahan“ an seine Stelle und besteigt den Pfauenthron der Mogulen. Muntaz Mahal ist seine ständige Begleiterin und tiefste Freundin. Sie verbringen jede freie Minute miteinander und er kann ihr keinen Wunsch abschlagen. Die Dichter rühmen die Schönheit und den Anmut von Muntaz Mahal mit den Worten: „Sie ist so schön, dass sogar der Mond sich vor ihr schamvoll verstecken würde.“ Die Ehe ist fruchtbar. In den 19 Jahren ihres Zusammenseins bekommen die beiden 14 Kinder.
Aber: Die Geburt des 14. Kindes überlebt Muntaz Mahal nicht. Machtlos muss der mächtigste Mann der Welt mit ansehen, wie seine Frau stirbt. Sha Jahan wird fast wahnsinnig vor Schmerz. Acht Tage schließt er sich in seinem Zimmer ein und verweigert jede Nahrung. Der ganze Hof muss mit seinem Herrscher trauern. Zwei Jahre lang gibt es keine Musik am Hof, er trägt keinen Schmuck und keine kostbaren Gewänder. Ein halbes Jahr nach dem Tod seiner Frau beginnt er mit der Erfüllung ihres letzten Wunsches: ein Grabmal, wie es die Welt noch nicht gesehen hat; ein „Abbild des Himmels“. 20.000 Arbeiter, Handwerker und Künstler, die besten aus allen Teilen des Reiches, arbeiten 16 Jahre lang an der Vollendung des Bauwerkes. Die Materialien werden teilweise von weit her mit Hilfe von 1000 Elefanten herbeigeschafft. Weißer Marmor, in den in filigraner Arbeit kostbare Edelsteine eingesetzt werden, aus denen einzigartige Blumenornamente entstehen. Am Ende wird er seinem Anspruch gerecht und erschafft eines der bis auf den heutigen Tag schönsten Bauwerke, das die Welt je gesehen hat. Das Taj Mahal. Es wird als ein Liebesgedicht aus Stein bezeichnet oder auch als Monument einer unsterblichen Liebe. Von seinem eigenen Sohn wird Sha Jahan entmachtet und bis zu seinem Tod ist das Rote Fort sein Gefängnis. Sein einziger Trost in all den Jahren ist der Blick auf das Grabmal seiner Frau, das Taj Mahal.
Die unglaubliche Anmut des Taj Mahal hilft mir dabei, die Schönheit eines Satzes aus der Bibel zu verstehen. Paulus schreibt nämlich im ersten Brief an die Korinther: „Wisst ihr nicht, dass ihr ein Tempel Gottes seid?“ Das ist ja mal ein Satz, den es? zu verdauen gilt: Ich ein Tempel, ein kleines Taj Mahal? Dabei sehe ich doch wie die meisten Menschen viel lieber meine Mängel: zu dumm, zu dick, zu klein. Und ich sehe nicht das, was Gott alles an Schönen in mir angelegt hat. Dass ich laut Paulus sogar ein Abbild Gottes bin. In den Kitas singen wir manchmal ein schönes Lied, welches den Satz des Apostels aufgreift: „Weißt du nicht, weißt du nicht, du bist ein Tempel? Voller Licht, voller Kraft, voller Herrlichkeit!“ Sollten wir uns diese großartige Zusage nicht jeden Morgen aufs Neue bewusst machen oder vielleicht sogar den Tag mit diesem Lied beginnen? In den Augen Gottes sind wir ein Tempel. So schön wie das Taj Mahal. Wir selbst und auch unsere Mitmenschen. Mit was für einer tiefen Ehrfurcht müssten wir uns und unsere Mitmenschen mit dieser Erkenntnis eigentlich betrachten. Gottes Weg mit uns ist eine Liebesgeschichte, genau wie die Geschichte des Taj Mahals von Sha Jahan und Muntaz Mahal. Und Gott hat uns versprochen, dass seine Liebesgeschichte mit uns auch im Tod nicht enden wird. So sind wir genau wie das Taj Mahal: ein Monument, ein Tempel der unsterblichen Liebe.
Kommen Sie gut durch diesen Tag, Ihr Heiner Redeker aus Fröndenberg.