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Choralandacht | 17.06.2023 | 07:50 Uhr

DIESER BEITRAG ENTHÄLT MUSIK, DAHER FINDEN SIE HIER AUS RECHTLICHEN GRÜNDEN KEIN AUDIO.

„Ich liege, Herr, in deiner Hut“ (EG 486)

Autorin: Guten Morgen! Schön, wenn man allen Grund hat, das sagen zu können, oder? Aber was ist das eigentlich: ein wirklich guter Morgen?

Ich würde sagen: Erholt aufwachen, ein gutes Körpergefühl, Vorfreude auf die erste Tasse Kaffee und auf das, was der Tag bringen wird. Heraus aus der Nachtruhe und hinein in den anbrechenden Tag…


Musik 1: Choral, Strophe 1
Titel: Ich liege, Herr, in deiner Hut; Text: Jochen Klepper; Komposition: Fritz Werner; Chor: Solistenensemble; Leitung: Gerhard Schnitter; Album: Ja, ich will euch tragen - Jochen Klepper und seine Zeitgenossen; Verlag: Hänssler Verlag; LC-Nr.: 07224


Ich liege, Herr, in deiner Hut und schlafe ganz in Frieden.
Dem, der in deinen Armen ruht, ist wahre Rast beschieden.


Autorin: Ich steige früh morgens in einen Zug Richtung Köln, noch schlaftrunken, und lass mich auf den ersten freien Platz fallen. Ich hol‘ den Laptop raus, klapp` ihn auf, starre vor mich hin. Bin noch müde, der Kopf ist noch voller ungeordneter Gedanken, Aufgaben, Pflichten… Die Menschen auf dem Bahnsteig draußen sehen auch alle noch recht müde aus: Ich sehe eigentlich keinen, dem der kommende „gute Tag“ schon ins Gesicht geschrieben ist.

Der Zug fährt an…


Ob es ein guter Morgen wird, ist bei den meisten wohl auch abhängig von der Nacht zuvor. Vom Geheimnis einer guten Nacht. Das Schlaf-Lied „Ich liege, Herr, in deiner Hut“ von Jochen Klepper stammt aus einer bösen Zeit. Klepper hatte oft allen Grund, nicht gut zu schlafen. In der Nazizeit war er mit einer Jüdin verheiratet. Seine Frau Hanni lässt sich zwar 1938 taufen, die beiden heiraten kirchlich. Doch die Ehe kann zwangsweise geschieden werden, und dann droht die Deportation für Frau und Tochter. Jochen Klepper muss das Schlimmste befürchten. Dennoch kann er vertrauen:


Musik: Choral, Strophe 2

Du bist`s allein, Herr, der stets wacht, zu helfen und zu stillen, wenn mich die Schatten finstrer Nacht mit jäher Angst erfüllen.


Autorin: Wie kann er das nur sagen? Vom Trost Gottes reden unter solchen Umständen?

Als er diese Zeilen schreibt, hat Jochen Klepper den allergrößten Kummer, den man sich nur vorstellen kann. Ist es möglich, dass dieser Mann „ganz in Frieden“ schlafen kann? Eigentlich unvorstellbar.


Mein Zug hält in Münster. Ich blicke kurz vom Laptop auf. Eine junge Frau, ich nenne sie mal Naomi - fragt, ob der Platz neben mir noch frei ist. Sie trägt einen bunten Kopfschmuck und ein geblümtes Seidenkleid, sehr festlich. Sie ist auf dem Weg zu einer Segensfeier, sagt sie, und wird die kommende Nacht nicht schlafen; die ganze Nacht hindurch wird getanzt und gesungen!!! Ob sie dann nicht morgen vor Müdigkeit umfällt, frag` ich. Aber nein, „Ich habe schon ganz andere schlaflose Nächte gehabt. Wirklich schlaflose Nächte. Vor Jahren, auf der Flucht aus meinem Land, allein, über Jahre, als ich losgezogen bin, war ich 15.“ Wir kommen ins Gespräch. Sie hat viel erlebt, viel Schlimmes gesehen, viele Abschiede verkraften müssen. „Nur mein Glaube hat mich nicht verzweifeln lassen.“ sagt sie.

Hört man nicht so oft, dass jemand so überzeugt vom eigenen Glauben spricht.

Ähnlich wie bei Jochen Klepper, denke ich.

Wenn ich seine Lieder höre oder sie in einem Gottesdienst singe, ist es oft kaum zu glauben, wie einer so unbeirrbar an Gott festhalten kann, der so ein schweres Schicksal gehabt hat.

Er wird doch wohl Gott gefragt haben nach dem Sinn seines furchtbaren Schicksals!? Und dennoch, mir kommt es fast trotzig vor, hält er an ihm fest:


Musik: Choral, Strophe 3


Dein starker Arm ist ausgestreckt, dass Unheil mich verschone und ich, was aus dem Schlaf noch schreckt, beschirmt und sicher wohne.


Autorin: Ich drehe mich zu Naomi: Ob sie nicht auch wegen ihres Schicksals mit Gott gehadert habe. „Ja, habe ich“, sagt sie. Aber er hat mich eben auch geführt, in all dem.“ „Wie geführt?“, frag` ich. Und sie erzählt mir von der Psychologin, die sie über eine christliche Hilfsorganisation kennengelernt hat. „Die hat mir geholfen, wieder Vertrauen zu fassen,“ sagt sie, „und dann hab` Mut gehabt für den nächsten Schritt.“

War die Psychologin auch Christin, frage ich etwas naiv, weil es so nahe liegt. „Nein, nein, sagt sie, keine Christin. Aber wissen Sie, ich glaube fest daran, dass Gott mir genau diese Frau und später noch ein paar andere guten Menschen geschickt hat. Ich kann seitdem wieder schlafen. Ich vertraue Gott, dass er mich mein ganzes Leben lang führen wird.“

Ja, vielleicht… denke ich. Sie scheint keinen Zweifel zu haben.


Der Zug hält in Essen. Naomi steigt aus, dreht sich noch einmal um und winkt. Auf Wiedersehen!


Musik: Choral, Strophen 9+10


Ich weiss, dass auch der Tag, der kommt, mir deine Nähe kündet und dass ich alles, was mir frommt, in deinen Ratschluss findet.

Sind nun die dunklen Stunden da, soll hell vor mir erstehen, was du als ich den Weg nicht sah, zu meinem Heil ersehen.


Autorin: Aus dem Fenster sehe ich, wie Naomi mit ihrem geblümten Seidenkleid weitergeht. Dann verschwindet sie aus meinem Blickfeld.

Verwundert und fasziniert denke ich über diese zufällige Begegnung nach. Was für ein Schicksal! Ich bin etwas beschämt. Sie hat so viel Schlimmes erlebt und ist doch sicher im Glauben.

Wie fragil ist eigentlich mein eigener Glaube? Ich weiß, dass schon viel weniger Sorgen und Nöte Menschen vom Glauben abfallen lassen!

Der eigene Glaube.

Wie unbeirrbar ist er? Was müsste mir passieren, dass ich ihn verliere? Oder was, damit er noch sicherer wird?

Ob der Lieddichter Jochen Klepper oder diese junge Frau – ihre Geschichten machen mich sehr nachdenklich. Wie kommt es, dass Menschen so stark und sicher von ihrer Gotteserfahrung erzählen können?

Es ist dieses grenzenlose Vertrauen auf Gott, einen Gott, den wir nicht sehen und begreifen können, was mich so fasziniert. Dieses Gespräch mit der jungen Frau in der Bahn zeigt mir, was für eine Kraft von einem lebendigen Glauben ausgehen kann. Ich kann nur staunen. Und dann ist es ein bisschen so, als würde ich, wenn ich einem solchen Menschen begegne, kurz in den Himmel gucken können – dann bekomme ich eine Ahnung vom großen Geheimnis des Gottvertrauens. In solchen Momenten gibt es ihn wirklich für mich: den guten Morgen!


Musik: Choral, Strophe 11


Du hast die Lieder mir berührt. Ich schlafe ohne Sorgen. Der mich in diese Nacht geführt, der leitet mich auch morgen.


Quellen: Predigtstudien des Evangelischen Bundes Rheinland 3, Herausgeber: Dr. Richard Janus (V.i.S.d.P), Verlag: Evangelischer Bund Rheinland e.V., Kirchenborchener Str. 17, 33178 Borchen



Redaktion: Landespfarrer Dr. Titus Reinmuth

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