Aktuelles

Beiträge auf: wdr3 

katholisch

Kirche in WDR 3 | 03.07.2023 | 07:50 Uhr

Glauben und Zweifel

Heute ist der Tag der Zweifler. Also zumindest in der katholischen Welt wird heute ein Zweifler gefeiert, der aus den Ostergeschichten nicht wegzudenken ist. Heute ist Thomastag.

Die Geschichte vom Jünger Thomas, der erst einmal Zweifel anmeldete, die ist manchen vielleicht noch geläufig: als die anderen Jünger schon über die Auferstehung von Jesus jubeln, will er es genauer wissen. Er entgegnet: „Wenn ich nicht das Mal der Nägel an seinen Händen sehe und wenn ich meinen Finger nicht in das Mal der Nägel und meine Hand nicht in seine Seite lege, glaube ich nicht.“ Thomas fordert den Beweis. Und den soll er bekommen: Eine Woche später kehrt der auferstandene Jesus wieder und diesmal ist Thomas dabei. Dieser soll jetzt genau das tun, wonach er verlangt hat, nämlich „seinen Finger
in die Wunde legen“ – daher kommt übrigens das Sprichwort. Thomas macht das und erkennt: Die anderen hatten ja Recht! Und der Auferstandene persönlich, der diesen Beweis ja zugelassen hat, gibt ihm noch eine kleine Abfuhr: „Selig, die nicht sehen und doch glauben“, sagt Jesus da im Johannesevangelium (Joh 20,19-29).

Thomas, der Zweifler. Der Name ist Programm in der christlichen Kulturgeschichte. Und auch berühmte Theologen trugen diesen programmatischen Namen: der Märtyrer Thomas Morus, der Reformator Thomas Müntzer – nicht zu vergessen: der große Thomas von Aquin oder der Mystiker Thomas Merton. In diesem Jahr wurde ein Theologe von Weltrang mit Namen Thomas 75 Jahre alt und der hat sogar den Zweifel zum theologischen Programm erhoben. Ich spreche vom Soziologen und Religionsphilosophen Tomáš Halík. Seine Theologie wurde zugleich angefragt wie gestählt im atheistischen Staatssozialismus der einstigen CSSR, heute Tschechien. Der Priester hat heute nicht nur das Ohr von Papst Franziskus, er hat eine große Leserschaft – weltweit. Eines seiner Bücher heißt sogar „Berühre die Wunden“ und widmet sich dem Zweifler Thomas. Dass dessen zweifelnde Haltung wichtig war für das Fortkommen der urchristlichen Gemeinde, daran besteht für Halík kein Zweifel. Er zitiert dann gern keinen geringeren als Gregor den Großen, einen Papst aus dem 6. Jahrhundert:

Sprecher:

„Thomas´ Unglaube hat unserem Glauben mehr geholfen als der Glaube der anderen Jünger“[1]

Für Tomáš Halík, in seinem geronnenen Glaubenswissen, ist klar:

Sprecher:

Glaube ohne kritische Fragen, ohne Zweifel kann zu einem Fundamentalismus führen. Aber auch Zweifel ohne Urvertrauen können zu Bitternis, Pragmatismus und Zynismus führen. Glauben und Zweifel brauchen einander. Der Stachel des Zweifels hält mich persönlich wach und lebendig.[2]

Glauben und Zweifel: Wenn wir Tomáš Halík folgen, sind das Zwillinge. Und das Interessante ist: Der Name Thomas heißt übersetzt eben nicht: der „Zweifler“ sondern: „Zwilling“.

Also: Zweifel ist nicht nur erlaubt, sondern auch gewünscht in einem Glaubensleben, das sich nicht mit dem Vordergründigen zufrieden gibt, sondern Einsicht sucht.

Ein Zitat von Mystiker Thomas Merton möchte ich Ihnen heute, am Thomastag, noch mit auf den Weg geben. Denn es passt wunderbar und es ist für mich so einsichtig. Auf die Frage nämlich, wer Gott ist und warum wir ihn nicht sehen, sagt Halik:

Sprecher:

„Wir sehen Gott nicht, weil er zu nahe ist! Niemand von uns hat sein eigenes Gesicht gesehen; wir sehen unser Gesicht nur im Spiegel. Und wir sehen auch Gott nur im Spiegel – besonders im Spiegel des Antlitzes Jesu Christi.“[3]

Vielleicht denken Sie darüber mal nach, wenn Sie heute in den Spiegel schauen. Und Glückwunsch zum Ehrentag an alle Zweifelnden und natürlich an alle, die Thomas, Tom oder Tomek heißen. Ihr Jan Hendrik Stens aus Köln!




[1] Vgl.: http://www.theologie-und-kirche.de/halik-wunden-christi.pdf

[2] https://www.jesus.de/nachrichten-themen/nachrichten/glaube-ist-ein-suchen-tomas-halik-im-gespraech-teil-1/

[3] https://www.vaticannews.va/de/kirche/news/2019-05/tomas-halik-gott-glauben-zweifel-philosophie-theologie-radio.html

evangelisch
Abspielen
katholisch
Abspielen
katholisch
Abspielen
katholisch
Abspielen
katholisch
Abspielen
katholisch
Abspielen
katholisch
Abspielen
evangelisch
Abspielen
evangelisch
Abspielen
evangelisch
Abspielen
evangelisch
Abspielen
evangelisch
Abspielen
evangelisch
Abspielen
katholisch
Abspielen
katholisch
Abspielen
katholisch
Abspielen
katholisch
Abspielen
katholisch
Abspielen
katholisch
Abspielen
evangelisch
Abspielen
evangelisch
Abspielen
evangelisch
Abspielen
evangelisch
Abspielen
evangelisch
Abspielen
evangelisch
Abspielen
katholisch
Abspielen
katholisch
Abspielen
katholisch
Abspielen
katholisch
Abspielen
katholisch
Abspielen
katholisch
Abspielen
evangelisch
Abspielen
evangelisch
Abspielen
evangelisch
Abspielen
evangelisch
Abspielen
evangelisch
Abspielen
evangelisch
Abspielen
katholisch
Abspielen
katholisch
Abspielen
katholisch
Abspielen
katholisch
Abspielen
katholisch
Abspielen
katholisch
Abspielen
evangelisch
Abspielen
evangelisch
Abspielen
evangelisch
Abspielen
evangelisch
Abspielen
evangelisch
Abspielen
evangelisch
Abspielen
katholisch
Abspielen