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Kirche in WDR 3 | 01.08.2023 | 07:50 Uhr
Gib Du mir Wasser!
Dieser Mann berichtete einmal darüber, was er seinen Schülern auf den Lebensweg mitgeben möchte. Ich war gespannt. Denn diese Schüler – das waren Jungs, die schon so einiges auf dem Kerbholz hatten. Da waren Schläger bei. Diebe. Ganz viele, die einen Dreck auf all die Regeln gaben, die unser Miteinander erst ermöglichen. Und die wenigsten hatten was auf dem Kasten. Im Gegenteil. Die taten sich extrem schwer mit allem, was Schule so fordert.
Was also gibt man als Mann der Kirche diesen Jungs mit? Was sagt man denen? Und wie lassen die sich vielleicht sogar für Jesus begeistern?
Der Ordensbruder erzählte aber erst einmal gar nicht von den Jungs. Sondern der erzählte die Geschichte von Jesus und der Frau am Jakobsbrunnen. In der geht es darum, dass Jesus sich erstens mit einer Frau unterhält. Das galt damals schon als Tabubruch. Dann war diese Frau keine Jüdin. Auch das ein No-Go. Und schließlich lebte diese Frau schon mit dem x-ten Mann zusammen. War also eine Ehebrecherin und Sünderin. Und mit der unterhält er sich. Mehr noch: Er lässt sich von ihr Wasser geben. Der ließ sie also ganz nach an sich ran. Aus der Sicht der Masse: Der, der sagt, er sei der Sohn Gottes, der moralisch völlig unangreifbar sein sollte, der weit entfernt von allem Schmutz und allem Schlechten sein müsste – der ignoriert alle Regeln des Anstandes, alle Gebote des Glaubens, alle Vorschriften und lässt sich etwas Gutes tun von einem Menschen, der in den Augen der Welt durch und durch schlecht ist.
„Genau das will ich meinen Schülern vermitteln“, sagte der Ordensbruder dann: „Dass niemand so verdorben ist, dass Gott ihn nicht doch in seine Nähe lässt. Und vor allem: Keiner von uns kann so schlecht sein, dass er nicht doch Wasser geben kann, doch etwas Gutes tun kann.“
Liebe Hörerinnen und Hörer: Ja, ich hadere manches Mal mit meiner Kirche. Und dann erinnern mich Menschen wie dieser Ordensbruder daran, dass der liebe Gott keinen von uns aufgibt. Und dass auch wir deshalb nicht aufgeben müssen. Wir müssen der Erde nicht flüchten und den Himmel nicht verraten, hat der Jesuitenpater Alfred Delp gesagt. Wir mögen immer wieder fallen – aber Er reicht uns immer und immer wieder die Hand und sagt: Komm – steh auf! Wenn wir uns für unnütz und überflüssig halten – vor allem im Vergleich zu dem, was andere tun und können. Dann sagt Gott: Auch Du kannst Gutes und Richtiges tun. Auch Du kannst Wasser geben. Und zwar Dein Wasser. Mit Deinen Begabungen und Fähigkeiten. Und Du musst dich dabei nicht für zu klein oder zu schwach halten. Gib mir Wasser. Gib mir Dein Wasser. Und wissen Sie: Auf solche Menschen, die solch eine Liebe predigen – auf die möchte ich nicht verzichten. Niemals.
Nachdenklich, aber ziemlich zuversichtlich grüßt Sie deshalb Ihr Diakon Claudius Rosenthal aus Altenwenden.