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Choralandacht | 23.09.2023 | 07:50 Uhr

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„Jesus lebt, mit ihm auch ich“ (eg 115)

Musik 1:

Titel: Jesus lebt, mit ihm auch ich; Komposition: Johann Crüger, Johann Sebastian Bach, Max Reger; Text: Christian Fürchtegott Gellert; Interpret: Bach-Chor Siegen; Leitung: Ulrich Stötzel; Album: Jesus Christus herrscht als König; Label: Gerth Medien; LC: 13743


Autor: Halt! Halt! Halt! Einen Moment mal. Ist das richtig? Ein Osterlied? Im September? Am Anfang der Herbstzeit? „Jesus lebt!“ Da höre ich doch noch einmal genauer hin.


Musik 1: Choral, Strophe 1


Overvoice-Sprecher(in): Jesus lebt, mit ihm auch ich! Tod, wo sind nun deine Schrecken? Er, er lebt und wird auch mich von den Toten auferwecken. Er verklärt mich in sein Licht; dies ist meine Zuversicht.


Autor: Ganz klar! Gleich in der ersten Strophe unseres Chorals, ganz am Anfang, erklingt sie – die Osterbotschaft. „Jesus lebt!“ Vielleicht gar nicht so verkehrt, dass ich knapp sechs Monate nach Ostern an diese Kernaussage meines Glaubens erinnert werde. „Der Herr ist auferstanden. Er ist wahrhaftig auferstanden.“ Sechs Monate nach Ostern, das heißt ja auch: sechs Monate vor Ostern; sozusagen Halbzeit zwischen den Osterfesten. Eigentlich ganz schön clever, genau diesen Choral als Wochenlied für den morgigen Sonntag auszusuchen, der im Kalender der evangelischen Kirche „16. Sonntag nach Trinitatis“ heißt. Das ist überhaupt kein besonderer Sonntag. Aber in den meisten evangelischen Gottesdiensten wird das Osterlied morgen gesungen.

Auch ganz schön clever von Christian Fürchtegott Gellert, der den Choral 1757 geschrieben hat, die Osterbortschaft mit mir zu verknüpfen; mich mit hineinzunehmen; sie zu meiner Botschaft zu machen. „Er, er lebt und wird auch mich von den Toten auferwecken.“ Ich bin gemeint; ganz persönlich. „Dies ist meine Zuversicht.“


Musik 1: Choral, Strophe 2


Overvoice-Sprecher(in): Jesus lebt! Ihm ist das Reich über alle Welt gegeben; mit ihm werd auch ich zugleich ewig herrschen, ewig leben. Gott erfüllt, was er verspricht: dies ist meine Zuversicht.


Autor: Mit der Auferstehung an Ostern und der Himmelfahrt hat Jesu „Reich über alle Welt“ begonnen. So ist es in den biblischen Texten überliefert, so hat es der Lieddichter Christian Gellert geglaubt. Mal angenommen, ich glaube das auch, dann bin ich Teil dieses Reiches. Und zwar ein wichtiger Teil. Mit ihm werde auch ich herrschen. So verspricht es der Choral und bekräftigt im gleichen Atemzug: „Gott erfüllt, was er versprich.“ Bin ich dazu überhaupt bereit? Habe ich dazu überhaupt die Fähigkeiten? Noch während ich darüber nachdenke, höre ich schon die nächste Strophe.


Musik 1: Choral, Strophe 3


Overvoice-Sprecher(in): Jesus lebt! Wer nun verzagt, lästert ihn und Gottes Ehre. Gnade hat er zugesagt, dass der Sünder sich bekehre. Gott verstößt in Christus nicht; dies ist meine Zuversicht.


Autor: Da habe ich wohl zurecht gezögert. Ganz so einfach scheint es nicht zu sein, dass ich im Reich Gottes mitherrsche. Als Mensch bin ich anfällig für Fehler und für Schuld. In theologischer Sprache heißt das: Ich bin ein Sünder. Über die Sünde haben sich viele sehr schlaue Menschen schon den Kopf zerbrochen. Die meisten waren sicher viel schlauer als ich. Es ist für mich gar nicht so einfach zu verstehen, was Sünde eigentlich ist. Ein Bild hat mir dabei immer geholfen. Dieses Bild kommt schon in der Bibel vor. Die Sünde wird als Trennung von Gott beschreiben. Eine Entfernung zwischen mir und Gott. Und diese Entfernung ist von Gott nicht gewollt. „Gnade hat er zugesagt“. Er verstößt mich nicht. „Das ist meine Zuversicht.“


Musik 1: Choral, Strophe 5


Overvoice-Sprecher(in): Jesus lebt! Ich bin gewiss, nichts soll mich von Jesus scheiden, keine Macht der Finsternis, keine Herrlichkeit, kein Leiden. Seine Treue wanket nicht; dies ist meine Zuversicht.


Autor: Christian Gellert glaubt fest, dass Gott nicht fern von mir ein möchte. So wie Gott von keinem Menschen fern sein möchte. So betont Gellert genau diese Glaubensgewissheit. „Nichts soll mich von Jesus scheiden.“ Nicht Finsternis, nicht Herrlichkeit, nicht Leiden. Ich darf mir der Treue Gottes gewiss sein. Eine Treue, die nicht wankt. Selbst dann nicht, wenn ich ins Wanken komme, wenn ich mir nicht mehr gewiss bin, wenn mein Glaube nicht so fest ist, wenn ich mich von Gott entferne, wenn ich zum Sünder werde. „Gottes Treue wanket nicht; dies ist meine Zuversicht.“


Musik 1: Choral, Strophe 6


Overvoice-Sprecher(in): Jesus lebt! Nun ist der Tod mir der Eingang in das Leben. Welchen Trost in Todesnot wird er meiner Seele geben, wenn sie gläubig zu ihm spricht: „Herr, Herr, meine Zuversicht!“


Autor: In der letzten Strophe des Chorals zeigt der Autor Gellert, dass er ein älteres Kirchenlied als Vorlage genutzt hat. Nämlich das Sterbelied „Jesus, meine Zuversicht“, das sich auch in unseren Gesangbüchern findet. Das eigene Sterben kommt hier in den Blick. Aber die Auferstehung Jesu spendet Trost und ermöglich den „Eingang in das neue Leben“. Fast wie ein Gebet endet dann der Choral: „Herr, Herr, meine Zuversicht!“

Sechs Monate nach Ostern und sechs Monate vor Ostern – Halbzeit. In vielen Gottesdiensten wird der Choral morgen gesungen. Die Osterbotschaft erreicht mich genau zur richtigen Zeit. „Jesus lebt!“ Diese Botschaft ist eine Gewissheit und eine Hoffnung für die ganze Welt. Und für mich und jeden einzelnen ganz persönlich.

Allerdings: Wie die meisten Menschen, denke ich nicht oft an meinen eigenen Tod. Der ist ja hoffentlich noch ganz weit entfernt. Um so mehr überrascht es mich, mit welcher Klarheit und Gewissheit mancher dem Tod entgegengeht. Ernst neulich war das wieder so; im Seniorenheim bei einer alten Dame. Sie hatte ein langes Leben, war froh, dass die Kinder und Enkel erst gestern noch einmal bei ihr waren. Nun hat sie mich, ihren Pfarrer, gerufen. Ich sitze bei ihr am Bett. Wir reden nicht viel. Aber sie sagt mir, dass sie zufrieden ist und bereit – bereit für das, was nun kommt.

Hat sie die nötige Glaubensgewissheit? Ist sie Gott nah?“

„Gott erfüllt, was er verspricht: dies ist meine Zuversicht.“


Musik 2: instrumental
Jesus lebt, mit ihm auch ich; Komposition: Traditional, Jochen Rieger; Interpret: Schulte & Gerth Studiochor; Leitung: Jochen Rieger; Album: Gelobt sei Gott im höchsten Thron; Label: Gerth Medien; LC: 13743



Quellen:

Thust, Karl Christian: Die Lieder des Evangelischen Gesangbuchs. Band I: Kirchenjahr und Gottesdienst (EG 1–269). Kommentar zu Entstehung, Text und Musik. Kassel 2012. Art. 115 Jesus lebt, mit ihm auch ich. S. 200–202.




Redaktion: Landespfarrer Dr. Titus Reinmuth

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