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Choralandacht | 07.10.2023 | 07:50 Uhr

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„Dies sind die heilgen zehn Gebot“ (eg 231)

Musik 1

Dies sind die heilgen zehn Gebot, BWV 635 - Dies sind die heilgen zehn Gebot, BWV 298; Komposition: Johann Sebastian Bach; Text: Martin Luther; Interpreten: Gächinger Kantorei; Gerhard Gnann; Album: J.S. Bach: A Book of Chorale-Settings – German Mass; Label: edition Hänssler; LC: 07224

Autor (overvoiced): „Haben Sie auch die 10 Gebote?“ Die Frage kommt aus den Reihen einer christlichen Gemeindegruppe, die eine Synagoge besichtigt. Dem Vorsitzenden der Jüdischen Gemeinde ist diese Frage geläufig. Er lächelt milde.

Martin Luther hätte diese Frage nicht gestellt. In der ersten Strophe seines Katechismusliedes über die zehn Gebote stellt er die Fakten klar.


Musik 2

Dies sind die heiligen zehn Gebot, BWV 678; Komposition: Johann Sebastian Bach; Komposition: Johann Sebastian Bach; Text: Martin Luther; Interpreten: Vokalensemble St. Michaelis zu Hamburg, Knaben- und Jugendchor St. Michaelis zu Hamburg, Gerhard Dickel; Album: Mit Johann Sebastian Bach durch das Kirchenjahr: Pfingsten, Christliches Leben, Ewigkeit, Teil 1; Label: EMI Classics (EMI); LC: 06646.

Sprecherin (overvoiced)

Dies sind die heilgen zehn Gebot,

die uns gab unser Herre Gott,

durch Mose, seinen Diener treu,

hoch auf dem Berg Sinai.

Kyrieleis


Autor: Als Mose die Gebote auf dem Sinai diktiert wurden, waren wir Christen noch gar nicht auf der Bildfläche erschienen.

Klugerweise hat die Christenheit die hebräische Bibel und mit ihr die 10 Gebote als eigene Richtschnur übernommen, in der christlichen Glaubenslehre spielen sie eine zentrale Rolle.


Johann Sebastian Bach ist hoch inspiriert von den vielen Tonwiederholungen des Luther‘schen Glaubensliedes und hat in seinem Orgelbüchlein Hammer und Meißel hören lassen, mit dem Mose die Worte Gottes in die steinernen Tafeln hämmerte.


Musik 2


Sprecherin (overvoiced)

Du sollst nicht töten zorniglich,

nicht hassen noch selbst rächen dich,

Geduld haben und sanften Mut

Und auch dem Feind tun das Gut.

Kyrieleis


Autor: Ein ausgesprochen weiser Text, ein auf Versöhnung zielender Text, zwischen dessen Versen der provokante Geist der Bergpredigt wirkt.


Sprecher: „Liebt eure Feinde und bittet für die, die euch verfolgen, auf dass ihr Kinder seid eures Vaters im Himmel. Denn er lässt seine Sonne aufgehen über Böse und Gute und lässt regnen über Gerechte und Ungerechte.“


Autor: „Du sollst nicht töten.“ Gilt das auch im Krieg? Hatten die Scheiterhaufen der Inquisition eine Ausnahmegenehmigung? In der innerjüdischen Diskussion wird eine Unterscheidung zwischen absichtlicher und unabsichtlicher Tötung erörtert. Immerhin hatte Gott beim Einzug ins gelobte Land angeregt, Asylstädte zu gründen, in der Menschen Zuflucht finden konnten, die unabsichtlich getötet hatten. Gilt das Tötungsverbot auch gegenüber Tieren? Veganer hätten da eine eindeutige Antwort.

„Du sollst den Feiertag heiligen“ – dieses Gebot ist heute höchst umstritten. Es erscheint einsichtig, dass bestimmte Berufe sonntags nicht ruhen dürfen, um der Wohlfahrt unserer Gesellschaft willen. Polizei, Feuerwehr, Gesundheitswesen. Aber wie ist es mit den offenen Sonntagen in unseren Innenstädten? Feiertagsheiligung versus Profitinteressen. Wer diesen Zweikampf gewonnen hat, liegt auf der Hand. Der Umsatz heiligt die Mittel. Hier lohnt sich ein Blick auf Luthers Lied:


Sprecherin:

Du sollst heilgen den siebten Tag,

dass du und dein Haus ruhen mag;

du sollst von deim Tun lassen ab,

dass Gott sein Werk in dir hab. Kyrieleis.


Autor: Die Vorstellung, dass „Gott sein Werk in dir hab“, hat wohl in der heutigen säkularen Gesellschaft nicht mehr viel Gewicht. Dass stattdessen der Mammon sein Werk in uns hat, dass Geld und Gewinn uns bestimmen dürfen tagein, tagaus, das werden nicht nur die Gewerkschaften beklagen. Im biblischen Urtext der Gebote wird zudem darauf hingewiesen, dass das Gebot der Feiertagsheiligung auch für Knechte und Mägde, sogar für Sklaven gelten soll. Ein kleiner, wenn auch utopischer Hinweis auf die Gleichheit aller Menschen. Und schon sind wir beim siebten Gebot:


Sprecher: Du sollst nicht stehlen.


Autor: Und hier Luthers gereimte Auslegung:


Sprecherin:

Du sollst nicht stehlen Geld noch Gut,

nicht wuchern jemands Schweiß und Blut;

du sollst auftun dein milde Hand

den Armen in deinem Land. Kyrieleis.


Autor: Hier ist Luther sehr modern; er hebt das Verbot zu stehlen auf die gesellschaftliche Ebene. Er deutet es als Ausbeutungsverbot und tritt ein für die Verantwortung der Reichen für die aus welchen Gründen auch immer zu kurz Gekommenen. Welchen Standpunkt er wohl einnehmen würde bei der aktuellen Debatte um eine Reichensteuer oder ein Grundeinkommen?


Mehr als zwei Jahrtausende trennen uns von der Zeit, als die zehn Gebote als gesellschaftspolitisches Regelwerk formuliert wurden. Da die Verhältnisse damals ganz andere waren, lassen sie sich kaum eins zu eins auf unsere Gegenwart übertragen. Das neunte und zehnte Gebot beispielsweise reiht die Ehefrauen unter die Besitztümer des männlichen Familienoberhauptes ein. Ich bin überzeugt: Wir müssen uns mit dem alten Text auseinandersetzen, müssen ihn befragen, müssen uns einbringen, müssen unseren Verstand bemühen, diese wichtige Gabe Gottes. Und wir kommen nicht umhin zu akzeptieren, dass diese Auseinandersetzung in unserer pluralistischen Gesellschaft offen ist, auch innerhalb der christlichen Gemeinden.


Musik 2


Sprecherin (overvoiced)

All die Gebot uns geben sind,

dass du dein Sünd, o Menschenkind,

erkennen sollst und lernen wohl,

wie man vor Gott leben soll. Kyrieleis.


Autor: Der Erlass der zehn Gebote beginnt mit einem rhetorischen Donnerschlag:


Sprecher (overvoiced): „Ich bin der HERR, dein Gott, der dich aus dem Land Ägypten geführt hat, aus dem Sklavenhaus.“


Musik 3

Fughetta super Dies sind die heilgen zehn Gebot, BWV 679; Komponist: Johann Sebastian Bach; Interpret (Orgel): Stéphane Bois; Album: Bach à Leipzig: L'Apogée d'une pensée créatrice; Label: Editions Hortus; LC: 54697.


Autor (overvoiced): Die Präambel der zehn Gebote erinnert an einen Befreiungsakt. Gott hat sein Volk aus der Unterdrückung in die Freiheit geführt. Die zehn Gebote sind Regeln, die diese Freiheit schützen wollen. Es sind Maßnahmen gegen die Kräfte, die mit Freiheit immer nur die eigene Freiheit meinen.

Zur Geschichte der zehn Gebote gehört auch, dass in dem Moment, als Mose sie in die Steintafel hämmert, am Fuß des Berges Sinai der berühmte Tanz um das goldene Kalb beginnt. Goldene Kälber wirken immer und überall. Sie streben Weltherrschaft an und sind Feinde der Freiheit. Als Moses zurückkehrt und dieses Tanzes ansichtig wird, zerschmettert er voller Wut die Gesetzestafeln. Zum Glück wurden sie ihm erneut diktiert. Wir leben mit der zweiten Auflage.

Wir haben eine zweite Chance.


Musik 3



Redaktion: Landespfarrer Dr. Titus Reinmuth

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