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Kirche in WDR 3 | 17.11.2023 | 07:50 Uhr
Eine Fangfrage
Guten Morgen!
Ist Ihnen schon mal eine Fangfrage gestellt worden? So eine richtig gemeine Frage, wo man genau weiß: Da will mich jemand aufs Glatteis führen oder in eine Falle locken - egal, was ich jetzt antworte, es kann nur falsch sein.
Solche Fangfragen gibt es wohl schon immer. Auch schon vor 2000 Jahren. Auch Jesus werden sie gestellt. Kein Wunder: Er ist den religiösen Autoritäten seiner Zeit ein Dorn im Auge.
Seine radikalen Aussagen scheinen ihnen gefährlich – die heiligen Schriften, auf die er sich kenntnisreich beruft, bekommen plötzlich eine neue, radikale Bedeutung, die unbequem ist und das Gewohnte, Althergebrachte durcheinanderbringt.
Das einfache Volk, die Unterschicht, läuft Jesus in Scharen hinterher. Viele glauben, er sei der Messias, der von Gott gesandte Befreier des Volkes Israel. Nach Auffassung der religiösen Führer im Land Judäa ist das eine unerhörte Anmaßung. Jesus ist für sie ein Unruhestifter, der die Leute aufwiegelt. Also müssen sie ihn irgendwie zu fassen kriegen. Sie wollen, dass sich dieser dahergelaufene Wanderprediger um Kopf und Kragen redet.
Spitzel, Provokateure werden zu ihm geschickt, die ihm zunächst schmeicheln und sagen: „Wir wissen, du sagst die Wahrheit ohne Ansehen der Person. Du lehrst uns, wie wir nach Gottes Willen leben sollen.“ Und dann die Fangfrage: „Dürfen wir dem Kaiser Steuern zahlen oder nicht?“
Antwortet Jesus jetzt mit Ja, dann kann er nicht in göttlichem Auftrag handeln, denn die römische Steuer ist der Inbegriff der verhassten, gottlosen Besatzungsmacht. Wer die römische Besatzungsmacht bejaht, verliert die Gunst des Volkes.
Antwortet Jesus mit Nein, wäre das ein Grund, ihn vor eben dieser Besatzungsmacht als Staatsfeind anzuklagen.
Jesus stellt eine Gegenfrage. Sie sollen ihm eine Silbermünze zeigen. „Wer ist auf dem Bild zu sehen“, fragt er, und „Wer wird in der Inschrift genannt?“ Natürlich: der römische Kaiser. Und nun die Antwort Jesu: „Dann gebt dem Kaiser, was dem Kaiser gehört, und gebt Gott, was Gott gehört.“
Jesus ist seinen Fallenstellern nicht auf den Leim gegangen.
Jesus sagt also: Dem Kaiser steht die Steuer zu, also bezahlt sie. Und Gott geben, was Gott gehört: das ist ein Satz, der führt noch tiefer und weiter. Jesus spielt auf folgendes an: So wie jede Münze das Bild des Kaisers zeigt – also des obersten Herrschers im römischen Reich –, so zeigt jeder Mensch das Bild Gottes. Denn: Juden – und später auch Christen – glauben: Gott hat den Menschen nach seinem Bild geschaffen. Und deshalb bedeutet: Gebt Gott, was Gott gehört, letztendlich: Ihr gehört Gott, der euch geschaffen hat. Wenn Gott für euch die höchste Autorität ist, werden andere Autoritäten wie der Kaiser in Rom zweitrangig.
So ist die Antwort auf die Fangfrage nicht nur schlagfertig. Sie weist auch den Weg und das Ziel, wenn es darum geht, welcher Autorität ich folgen soll: Richtet euer Leben an Gott aus, gebt euch selber Gott hin, vertraut ihm, dann wird er euch tragen im Leben und im Sterben.
(Ende WDR 4, Verabschiedung für WDR 3 und WDR 5:)
Dass Sie dieses Ziel heute vor Augen haben, wünscht Ihnen Ihr Andreas Duderstedt aus Lemgo.
Redaktion: Landespfarrerin Petra Schulze