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Kirche in WDR 3 | 13.12.2023 | 07:50 Uhr
Santa Lucia
Guten Morgen.
Anfang Dezember war es mal wieder so weit: Anja, eine Freundin schickt mir eine Nachricht: „Hast du Lust, mit mir morgen zum Möbelhaus zu fahren?“ Klar habe ich Lust. Denn so wie Anja gehöre ich zu der Hälfe der Deutschen, die immer wieder gerne einen Ausflug ins Möbelhaus machen. Ihr Mann gehört zur anderen Hälfte. Er würde eher einen Baum im Wald fällen und daraus ein Regal bauen, bevor er sich durch Möbelausstellung, Markthalle und Fundgrube quält.
Im Möbelhaus – in unserem Fall ein schwedisches – angekommen, sind die Möbel natürlich Nebensache. Wie soll es anders sein? Erst einmal wird ausgiebig gefrühstückt. Ich trinke also meinen Kaffee und lasse meinen Blick durch das Restaurant schweifen. Selbst hier sieht jede Ecke aus wie im Katalog. Mein Blick bleibt an einem großformatigen Plakat hängen. Ein junges, blondes Mädchen lächelt mich und die anderen Frühstücksbesucher*innen an. Sie trägt ein weißes Kleid, hält eine Kerze in der Hand und auf dem Kopf hat sie einen Kranz aus Zweigen auf dem sich weitere Kerzen befinden.
Kerzen und Kinder, denke ich, nichts Ungewöhnliches in der Adventszeit. Doch hinter dem Mädchen mit den Kerzen auf dem Kopf steckt noch etwas anderes. Ich erinnere mich an meine Zeit in Norwegen. Während des Studiums habe ich ein Praktikum in einer Gemeinde in Oslo gemacht. Für die Skandinavier ist sofort klar, wer dieses Mädchen ist: Santa Lucia, die heilige Lucia. Heute am 13. Dezember hat sie ihren Heiligentag.
In ganz Skandinavien feiert man heute das Luciafest. Ursprünglich kommt es aus Schweden. Dort wird es schon über 250 Jahre gefeiert. Doch die Geschichte von Lucia geht viel weiter zurück. Lucia lebt Ende des 3., Anfang des 4. Jahrhunderts in Italien. Damals wurden die Christen wegen ihres Glaubens verfolgt und gefangengenommen. Manche haben sich in den römischen Katakomben versteckt. Lucia hat ihnen Essen gebraucht. Da sie die Hände frei haben musste, um das Essen zu transportieren, hat sie einen Kranz mit Kerzen auf den Kopf getragen. Der 13. Dezember war im damaligen julianischen Kalender der kürzeste Tag des Jahres. Und das passte gut zu der Heiligen. Denn nach dem kürzesten Tag werden die Tage wieder länger und das Licht kommt zurück. Und das auch im übertragenen Sinn: Lucia hat den Menschen Licht ins Gefängnis gebracht und ist damit ein Vorbild geworden auch für uns heute. Auch wir können Licht bringen.
Wenn heute in den skandinavischen Ländern das Luciafest gefeiert wird,
spielt die älteste Tochter der Familie die heilige Lucia und bringt mit den Kerzen auf dem Kopf und in der Hand Licht in die Familie. Und wie sollte es in Skandinavien anders sein, gibt es natürlich auch eine Menge süßes Gebäck für die ganze Familie.
Und noch etwas ist heute, am 13. Dezember, hat der Advent gewissermaßen Halbzeit. Die Hälfte der Strecke bis Weihnachten ist geschafft – die Hälfte der Wegstrecke, bis zur Geburt von Jesus, dem Retter der Welt und Friedensboten. Und so erinnert mich die heilige Lucia beim Frühstückskaffee im schwedischen Möbelhaus daran: Die Dunkelheit wird nicht das letzte Wort haben wird. Das Licht ist uns versprochen und es kommt.
Ihr Pfarrer Oliver Mahn aus Köln.
Redaktion: Landespfarrerin Petra Schulze