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katholisch
Kirche in WDR 3 | 29.01.2024 | 07:50 Uhr
„Wie Stroh“- Thomas von Aquin
Italien im
Jahr 1225. Auf der Burg des Adelsgeschlechtes von Aquino wird ein Knabe
geboren. Und als dieser heranwächst, bemerkt man schnell: der Kleine ist ja über
alle Maßen intelligent!. So steht seiner Karriere nichts im Wege. Bischof, oder
sogar Papst - meint zumindest seine Familie. Jedoch der junge Thomas, so sein
Name, hat ganz anderes vor. Zu diesem neuen Bettelorden will er, zu den Dominikanern.
Entsetzen im Familienrat. Der Junge ist verrückt. Er will auf Macht und Einfluß
verzichten? „Un pazzo! Ein Verrückter! Und die Familie beschließt: „was dem
noch jungfräulichen Spross fehlt ist ordentlicher Sex!“ Und man führt ihm eine
Dirne zu. Alles vergebens. Thommaso will Dominkaner werden. Darauf wird er auf
der Burg gefangen gehalten, allerdings verhilft seine jüngste Schwester Ihrem
geliebten Bruder zur Flucht. Und sein Traum wird wahr. Die berühmteste
Universität der damaligen Welt. Die Dominikanerhochschule in Paris stellt Ihn
als Lehrer ein, in jenem Viertel gelegen, welches noch heute nach der
Gelehrtensprache des Mittelalters benannt ist: Quartier Latin. Entgegen dem
Protest des Papstes in Rom lehrte diese Universität die antiken Philosophen,
welche nach Meinung der Kirche doch zu wahrer Einsicht gar nicht fähig seien,
da die alten Griechen ja samt und sonders Heiden waren. Und niemand lehrte die
alte Philosophie in Verbindung mit dem neuen Denken so genial, so außerordentlich
bahnbrechend wie jener junge Dominikanermönch aus der italienischen Provinz
Frosinone. Er diktierte seine Texte, natürlich auf Latein, vier Sekretären
zugleich, indem er, wie bei einer simultanen Schachpartie, von Schreibpult zu
Schreibpult wanderte, und dem jeweiligen Protokollanten genau an jener Stelle
weiterdiktierte, an der er am Vortag aufgehört hatte. Und dann geschah es. Eines Morgens erscheint
Thomas von Aquin wie gewohnt in der Schreibstube, und seine Assistenten schauen
Ihn erwartungsvoll an. „Meine lieben Brüder“ hebt er an; „ich werde nie mehr
etwas diktieren; alles was ich bisher gesagt und gedacht habe erscheint mir wie
Stroh.“ Sagts, lenkt seine Schritte zur Kapelle und lässt völlig verwirrte vier
Sekretäre ratlos zurück. Erst seiner geliebten jüngsten Schwester vollendet er
den Satz, den er in der Schreibstube begonnen hatte: „….alles erscheint mir wie
Stroh im Vergleich zu dem, was ich erleben durfte.“ Es ist wohl keine
Spekulation, dass man davon ausgehen kann, dass er ein unmittelbares
Gotteserlebnis hatte und darin erkannte, dass Gott so gewaltig die Grenzen
unseres Begreifens übersteigt, dass alles Diesseitige wie Stroh erscheint.
Gestern hat die katholische Kirche seinen Festtag gefeiert. Hl. Thomas von Aquin.
Bitte für uns.
Kommen Sie gut in diese Woche, Ihr Diakon Willibert Pauels aus Wipperfürth.