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Kirche in WDR 3 | 07.02.2024 | 07:50 Uhr
Übernächstenliebe
Guten Morgen,
ich lerne ja gerne etwas Neues. Vor kurzem habe ich ein neues Wort kennengelernt. Und zwar von Eckart von Hirschhausen. Der ist Arzt, Komiker und sehr präsent im Fernsehen. Und ein Vordenker, besonders was die Klimakrise betrifft. Sein neues Wort heißt „Übernächstenliebe“. (1) Und es fasziniert mich.
Schauen wir es uns mal genauer an. Was Liebe ist, ist ja eigentlich klar. Und
auch wieder nicht, denn irgendwie bleibt sie auch ein Geheimnis. Sie hat viel
mit Gefühlen zu tun und ist doch so viel mehr.
Auch in der Bibel ist Liebe ein großes Thema. Dort hat Liebe meistens etwas mit Taten zu tun. Und die können sogar unabhängig von unseren Gefühlen sein. Also ich muss meinen Nächsten nicht unbedingt mögen. Und trotzdem kann ich dieser Person etwas Gutes tun. Das ist dann eine Entscheidung, die ich treffe. Ich will meinen Mitmenschen lieben, das heißt: ihm oder ihr einfach etwas Gutes tun. Und das fängt oft damit an, gut über diese Person zu denken. Dann fallen mir Worte und Taten leichter. Die höchste Form der Nächstenliebe ist die Feindesliebe. Auch die fordert Jesus in der Bibel. Ganz schön heftig. Nur diese Feindesliebe hat mit Sympathie rein gar nichts zu tun. Nein, meinen Feind brauche ich nicht nett zu finden, aber ich kann respektvoll mit ihm umgehen. Oder mit ihr.
Das
fällt schwer, klar, kann aber ganz viel bewirken. Also, wenn Jesus sagt: „Liebt
Eure Feinde!“, dann ist das – in vielen Fällen - keine Überforderung. Ich muss
ihn nicht mögen. Es ist eine machbare Herausforderung, damit trotze ich meiner
Abneigung. Oder sogar meinem Hass. Das also ist ungefähr die biblische
Nächstenliebe.
Und nun kommt diese wunderbare Erweiterung durch Eckart von Hirschhausen: Die Übernächstenliebe! Sie ist „eine Art globaler, grenzenloser Empathie“. Es ist „die Fähigkeit des Mitgefühls für Menschen, die wir nicht kennen.“, sagt er. Dann ist der Bauer in Afrika eben auch mein Nächster, den ich lieben kann. Und ich kann das durch mein verantwortliches Handeln direkt bei mir in der Nähe tun. Im Supermarkt zum Beispiel. Indem ich Produkte aus fairem Handel kaufe, bei denen der Bauer in Afrika fair entlohnt wird. Ein weiterer Aspekt der Übernächstenliebe gilt den „kommenden Generationen“. Und ich habe da sofort meine zwei Enkel Ella und Paul vor Augen. Die sind mir natürlich recht nah. Ich frage mich aber oft, wie werden sie leben, wenn ich einmal nicht mehr da sein werde. Verantwortung für die Menschen von morgen übernehmen. Sie heute lieben, in dem ich mich für eine gute Zukunft für sie einsetze.
Bei diesen Gedanken merke ich, wie spannend mein Leben und mein Lieben sein kann. Wie viele Möglichkeiten auf einmal auftauchen. Übernächstenliebe“: vielleicht lassen Sie sich ja auch mitreißen. „Für eine Zukunft jenseits der unseren.“
(Ende
WDR 4, Verabschiedung für WDR 3 und 5: )
Ihr Pastor Heddo Knieper aus Soest.
(1) Ildikó von Kürthy, „Die Kunst der »Übelnächstenliebe«“, Brigitte 12/2021, S. 170.
Redaktion: Landespfarrerin Petra Schulze