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Kirche in WDR 3 | 13.03.2024 | 07:50 Uhr
Wassertropfen, Kerzen und der Blick durch die Hand
Gut, dass keiner von uns bei Geburt eine brennende Kerze bekommen hat und wir sehen können, wie lange wir noch zu leben haben.
Aber: es ist ja kein Geheimnis: Unsere Lebenskerze brennt. Irgendwann ist Ende.
Vor einigen Jahren habe ich einmal in einer Konferenz eine schlanke, weiße Kerze von beiden Seiten angezündet und waagerecht gehalten. Sie brannte in einer viel höheren Geschwindigkeit ab als die Kerze im Bildband. Vielleicht haben wir es doch etwas in der Hand, wie schnell die Kerze brennt?
Damals wie heute, wünsche ich mir, dass meine Leben in einer ruhigen
Geschwindigkeit vergeht. Das heißt nicht, dass es nicht auch mal Schieflagen
geben kann und darf. Für mich ist die Frage: Tut mir die Geschwindigkeit gut?
Spüre ich sie? Will ich etwas dagegen setzten? Und wenn ja, was?
Sie merken: Das Bild mit der Kerze hinter der beschlagenen Scheibe arbeitet noch in mir. Ich denke da fast täglich dran, weil die Lüftung in meinem Auto kaputt ist und meine Scheiben beschlagen. Und in den kleinen Ärger über mein Auto mischt sich dann auch die große Frage: Was macht mein Leben manchmal so neblig, so undurchsichtig? So, als würde ich durch den Nebel am Niederrhein fahren, der zwischen Kopfweiden hängt und über den Kappesfeldern schwebt. Wo manches nur schemenhaft zu erkennen ist und dann aber plötzlich ganz klar da steht. Als hätte ich, die Hand auf der Scheibe, den plötzlichen Durchblick.
Klar ist: Wenn ich den Durchblick habe, dann kann ich flotter unterwegs
sein als bei Nebel. IDA eben. I für Innehalten, D für durchatmen und
A für Anker werfen. Zu schnell und zu
losgelöst? Entschuldigung. IDA ist das Wort, das ich einmal auf einer Fortbildung
gelernt habe.
Das ist so eine kleine mentale Technik. Ein Dreischritt: Wenn ich spüre, "Hier stimmt etwas nicht.", dann kommt IDA ins Spiel. Wenn ich merke, mein Leben ist gerade zu wild, zu schnell, zu nebelig, dann versuche ich einen Moment innezuhalten. Zu spüren, wie es mir geht, um dann durchzuatmen. Tief in den Rücken. Langsam ein und aus. Und dann kommt das Anker werfen. An etwas denken, das mir Sicherheit gibt, wo ich mich sicher fühle. Ganz einfach ist es nicht und ich vergesse es auch immer.
Aber IDA kann helfen, dass die Kerze nicht von beiden Seiten abbrennt: Innehalten, Durchatmen, Anker werfen.
Kommen Sie gut in und durch den Tag. Hoffentlich ohne Nebelschwaden und wenn doch, IDA. Danke Karin Kneffel für dieses Bild. Ihre Anne Hermanns-Dentges aus Krefeld