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Kirche in WDR 3 | 13.04.2024 | 07:50 Uhr
„Ich bin es; fürchtet euch nicht!“
Würde ich die Bibel heute schreiben, im Hier und Jetzt, würde ich mir die Geschichte vielleicht so vorstellen: Es könnte ein Haus sein. Draußen ist es dunkel, es regnet und der Wind heult. Im Kinderzimmer liegen zwei Geschwister in ihren Betten. Sie haben Angst. Da hören sie, wie jemand den Flur entlang auf ihre Zimmertüre zukommt. Ein Monster? Ein Einbrecher? Was sagt die Mutter oder der Vater schon von weitem beruhigend, weil er die Kinder weinen hört? Genau. „Ich bin´s. Habt keine Angst!“ Wir können die biblische Szene also durchaus auch in unsere heutige Welt übersetzen und sie nachempfinden. Die Angst, die Verzweiflung, vielleicht das Gefühl ausgeliefert zu sein, alleine zu sein. Vor allem aber auch die Erleichterung, den Schutz, die Rettung.
Für mich ist er Clou an dieser Geschichte: Jesus benutzt dieselben Wörter, die Gott schon im Alten Testament benutzt hat. „Ich bin der ´Ich-bin-da´“. Das ist Gottes Name, den er selber nennt, als er Mose im brennenden Dornbusch begegnet. Dieser Naturerscheinung, die völlig unnatürlich ist, weil der brennende Dornbusch eben nicht verbrennt. Und nun kommt Jesus in einer völlig unnatürlichen Begegnung beim Gang auf dem Wasser und sagt: „Ich bin es.“ Und weil ich es bin, weil ich der bin, der auch in der schlimmsten, furchteinflößendsten Katastrophe im Sturm bei Nacht immer und gegen jedes Naturgesetz da ist und euch nicht alleine lässt – genau deshalb müsst ihr keine Angst haben. Was für eine kolossale Zusage, denn sie betrifft auch mich heute, wenn ich mich – wie die Jünger im Boot oder die Kinder im Kinderzimmer – auf diese mütterlich/väterliche Nähe einlasse.
Ja, mein Boot ist auch schon in Sturm geraten. Ja, ich habe auch schon Verzweiflung erlebt. Ja, ich habe auch schon Angst gehabt und weiß nicht, wie ich durch die Nacht oder ans rettende Ufer gekommen bin. Aber ich glaube, dass ich dabei – so unnatürlich und widersinnig es auch sein mag, weil es ja eigentlich gar nicht sein kann – ich glaube, dass ich dabei nicht alleine war. Ich glaube, dass mich da einer durchgeführt hat. Einer, der auch heute noch sagt: Ich bin es; fürchte dich nicht.
Ich bin Martin Kürble und wünsche ihnen aus Düsseldorf heute einen sturm- und angstfreien, mit viel Nähe und Geborgenheit gefüllten Tag. Bleiben Sie behütet.