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Kirche in WDR 4 | 03.07.2014 | 08:55 Uhr

Sehen

Guten Morgen liebe Hörerinnen und Hörer!

„Nur der Schein trügt nicht“ – dieser Satz des Künstlers Josef Albers (1888-1976) hat es in sich. Und sie haben richtig gehört. Der Clou liegt in der Verneinung: „Nur der Schein trügt nicht!“

Mit Ironie und Sprachwitz hatte Josef Albers die geläufige Redewendung, dass nur der Schein trügt, bewusst ins Gegenteil verkehrt. Dem bekannten Maler der Moderne, der aus Bottrop stammte, ging es immer wieder um Grundlegendes bei der Wahrnehmung durch das Sehen.

Zur Bestätigung seiner These hat er ganze Bilderserien gemalt unter dem Titel: „Ehrungen an das Quadrat“. Und diese Bilder machen seine These anschaulich und nachvollziehbar: Was ich sehe, das ist in Wirklichkeit gar nicht so.

Albers setzt dabei drei oder vier farblich verschiedene und unterschiedlich große Quadrate auf der Bildfläche ineinander. Obwohl die Farben je Fläche immer dieselben sind, wirken sie im Grenzbereich zur Nachbarfarbe mal heller und mal dunkler. Und je länger man dann auf so ein Quadrat-Bild schaut, desto mehr gewinnt man den Eindruck, dass die einzelnen Quadrate räumlich vor- oder hintereinander treten, wie eine Pyramide oder ein Trichter, obwohl sie doch auf ein und derselben Fläche gemalt sind.

Was ist nun richtig? Was ich sehe, oder was tatsächlich da ist. Der Schein oder das Sein? Albers hinterlässt beim Betrachter echte Zweifel was das Sehen angeht.

Und so eine Unsicherheit, was das Sehen anbelangt, hält niemand gern aus. Denn der Seh-Sinn ist enorm wichtig. Das Auge gilt als Fenster zur Welt, das man durchaus auch einmal schließen kann, um die Welt draußen zu lassen. Gerade als sogenannter Fernsinn hilft das Auge ja dem Betrachter, sich hier und jetzt zu orientieren. Frühzeitig kann ich auf mögliche Gefahren reagieren, Hindernissen ausweichen und Ziele geradewegs verfolgen.

Und weil meine Wirklichkeitserfahrung so stark vom Sehen geprägt ist, ist die These von Albers tatsächlich eine ziemliche Provokation.

Wie wäre es denn, wenn ich die Welt mit den Augen einer Fliege sähe und es nur Facettenbilder gäbe. Klar, dann würde ich mich auch anders orientieren – aber was wäre dann die tatsächliche Wirklichkeit? Die, die ich mit menschlichen Augen sehe, oder die, die das Fliegenauge vermittelt? Im Grunde sehen beide Augen nur den aktuellen Schein einer Wirklichkeit, die tatsächlich anders ist. Nur das ist uns meistens nicht bewusst. Wir vollziehen beim Sehen bereits unmerklich einen anderen Akt. Mit jedem Blick vertrauen wir nämlich darauf, dass das, was wir sehen, tatsächlich auch existiert und so ist, wie wir es sehen – obgleich es nach Josef Albers gar keinen Grund dafür gibt. Wenn man so will, sind wir hier mitten in der Frage von Glauben und Unglauben.

Und genau das trifft sich gut, denn heute feiert die katholische Kirche das Fest des Apostels Thomas. Sie wissen schon: jener Jünger, der immer der „Ungläubige“ genannt wird. Er war es nämlich, der nur darauf vertraute, dass das, was er sieht auch existiert. Und so sagt er: „Ich glaube nur das, was ich sehe!“

Thomas war nicht dabei gewesen, als sich der auferstandene Jesus den anderen Jüngern gezeigt hatte. Und so blieb er skeptisch gegenüber der Auferstehung. Das Johannesevangelium erzählt dann, dass Thomas und Jesus sich später noch einmal begegnet sind und dass Jesus etwas mahnend sagt: „Selig sind, die nicht sehen und doch glauben“.

Im Grund kommt es nämlich genau darauf an: Wenn es richtig ist, das der Schein nicht trügt, dann bleibt mir sowie so nichts anderes übrig, als zu glauben und zu vertrauen, dass hinter dem Schein, immer noch einmal etwas anderes steht, als das, was ich aktuell sehe.

Ich bin jedenfalls sehr gespannt, einmal mehr zu sehen als nur den Schein, also die ganze Wirklichkeit zu erfassen. Bis dahin bleibt mir nur das, was ein guter Bekannter von mir empfiehlt – durchaus mit etwas Sprachwitz. Er sagt: Augen auf und durch.

Aus Duisburg grüßt Sie Ihr Pater Philipp Reichling

(Copyright Vorschaubild: Sphoto E CCBY 2.0 flickr)

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