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Sonntagskirche | 28.09.2014 | 08:55 Uhr

Asche oder Feuer. Von toten und lebendigen Traditionen

Guten Morgen, liebe Hörerin, lieber Hörer! Achja, die lieben Gewohnheiten. „Das war schon immer so“ und ich mach mit. Aber warum? Ist das überhaupt sinnvoll? Da habe ich zwei Geschichten für Sie. Die erste wagt schon einmal einen kleinen Vorgriff in die Weihnachtszeit…

Da bereitet eine Mutter seit zig Jahren immer zu Weihnachten den besten und saftigsten Truthahn zu, den man sich nur vorstellen kann. Altes überliefertes Familienrezept! Als die beiden Töchter irgendwann selbst erwachsen sind, ihre eigenen Familien haben, wollen sie gern wissen, wie denn nun das genaue Rezept für den super Truthahn ist. Die Mutter erklärt den beiden die Gewürzmischung, die Backzeiten und so weiter… und sagt ihnen: "Ganz wichtig: Immer die Enden des Vogels abschneiden! Sonst schmeckt er nicht!“ Da fragt eine der Töchter ganz erstaunt, wie denn das Abschneiden der Truthahn-Enden den Geschmack verbessern soll?! Mutter zuckt mit den Schultern und sagt nur: "Keine Ahnung. Ich weiß nur, dass Oma immer sagte, dass das ganz wichtig ist!“ Die Tochter hakt bei Oma nach. „Sag mal, was hat denn das Endenabschneiden mit dem Geschmack zu tun?“ Die Oma daraufhin ganz entspannt: "Mit dem Geschmack hat das nichts zu tun. Wir hatten damals keinen Topf, der groß genug war. Also mussten wir den Vogel immer zurechtschneiden!“ So entstehen Traditionen! Wie gut, dass die Tochter nachgefragt hat. Überhaupt ist nachfragen eine gute Angelegenheit!

Noch eine Geschichte - diesmal aus dem kirchlichen Kontext. Eine amerikanische Gemeinde betet für Kranke. Es ist schon einige Jahrzehnte her – da werden plötzlich viele Kranke geheilt, nachdem man für sie betete. Das passiert ja nicht nur in der Bibel, sondern auch heute noch. Aber zurück zur amerikanischen Gemeinde. Bis heute wird dort für Kranke auf eine bestimmte Weise gebetet. Man legt ihnen nicht die Hände beim Beten direkt auf den Kopf, wie es der Apostel Paulus empfohlen hat - sondern hält die Hände wenige Zentimeter über dem Kopf! Da kam dann mal einer auf die Idee und fragte bei den Alten nach, warum sie das tun. Die Antwort war so einfach wie verblüffend: „Weißt du mein Junge, das kam so. Wir feierten Gottesdienst in einer großen Halle und es war schweineheiß. Hätten wir die Hände richtig aufgelegt, wäre das eine sehr eklige und schwitzige Angelegenheit gewesen. Deswegen haben wir sie nicht ganz aufgelegt!“ Tja, und weil dabei so viele geheilt wurden, blieb man dann einfach dabei. So einfach können Erklärungen sein. Und so einfach entstehen Traditionen.

So augenzwinkernd diese beiden Geschichten sind - sie öffnen mir die Augen. „Das haben wir immer schon so gemacht“. Dieser Satz ist richtig gefährlich. Papst Johannes XXIII. hat im Rückgriff auf einen Satz von Thomas Morus gesagt: „Tradition heißt: Das Feuer hüten und nicht die Asche aufbewahren.“ Und manchmal ist der Ursprung einer Tradition gar nicht tief gehend begründet, sondern schlicht aus der Not geboren oder praktisch gewesen. Weil aber Traditionen wertvoll sein können, gilt es immer wieder diese Unterscheidungsarbeit zu leisten. Altes nicht unhinterfragt zu lassen. Neugierig zu bleiben. Offen für Neues. Aber eben auch verwurzelt in eigenen Überzeugungen, wenn die sich als tauglich erweisen.

Schon Jesus hat das so gehandhabt. Die Traditionen seines jüdischen Glaubens wertgeschätzt und da, wo sie sich als lebensfeindlich erwiesen, abgelegt. „Gott hat den Sabbat für den Menschen geschaffen, nicht den Menschen für den Sabbat.“ (Markus 2,27) Hat er einmal gesagt. Die Tradition ist für den Menschen da, nicht der Mensch für die Tradition. Und Jesus hat immer wieder gemahnt: „Die Väter haben euch gesagt - ich aber sage euch etwas Neues!“. Damit uns Traditionen nicht den Blick auf und den Weg zu Gott versperren.

Ich wünsche Ihnen einen gesegneten Sonntag. Bleiben Sie neugierig und hinterfragen Sie, was immer schon so war. Dann können Sie es getrost weiter tun – oder auch lassen. Ihr Pastor Christof Lenzen aus Eschweiler.

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