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Kirche in WDR 4 | 19.10.2015 | 08:55 Uhr

Selbstportraits

Guten Morgen!

Selfis sind in! Selfis, das sind diese selbstgemachten Bilder mit dem Handy. An den entlegensten Orten und in den skurrilsten Situationen trifft man auf Menschen, die mit einem merkwürdigen Gestänge posieren, an dessen Ende ein Handy befestigt ist. So machen sie ohne fremde Hilfe ein Foto von sich: ein „Selfie“ eben, wie es neudeutsch heißt. Die digitale Errungenschaft macht es möglich, sich selbst überall und jederzeit zu fotografieren und die Selbstaufnahme auf einem kleinen Chip zu speichern. Mit der Zeit entsteht daraus gewissermaßen eine Reihe von digitalen Selbstportraits, gespeicherte Erinnerung an schöne Augenblicke und wichtige Ereignisse. Aber – so frage ich mich – wenn man all die Bilder nebeneinander legt: Hat man dann ein genaues Bild von sich?

Es scheint ein urmenschliches Bedürfnis zu sein, ein Bild von sich machen: Festhalten, wer ich bin, zu unterschiedlichen Zeiten und an den verschiedenen Orten und in längst vergangenen Lebensabschnitten. Ich verstehe das so: Den Höhepunkten des Lebens Dauer verleihen, obgleich sie doch unweigerlich nur eine Momentaufnahme sind. Denn „alle Lust will Ewigkeit, - will tiefe, tiefe Ewigkeit“ , so Friedrich Nietzsche. Andererseits ist doch zu erkennen, dass man nicht zweimal in denselben Fluss steigen kann, wie schon die alten Griechen wussten, will heißen: Ich kann den Lebensfluss nicht anhalten, den Alterungsprozess nicht aufhalten.

Vielleicht liegt es ja daran, dass schon in früheren Zeiten Maler oft ein Selbstportrait von sich angefertigt haben in unterschiedlichen Lebensphasen und Lebensaltern, um sich gewissermaßen selbst auf die Schliche zu kommen: Wer bin ich? Wer möchte ich sein? Bin ich der, der ich sein soll? Bin ich noch derselbe von damals, auch wenn sich alles um mich herum geändert hat – und auch ich selbst einem ständigen Wandlungsprozess unterworfen bin?

„Erkenne dich selbst“, so stand einst über dem Orakel von Delphi geschrieben. Es ist die vielleicht wirklich wichtigste Aufgabe im Leben. Und hinzukommt: Jede Selbsterkenntnis bleibt immer auch nur bruchstückhaft, vorläufig. Auch in fortgeschrittenem Alter bin ich immer noch nicht vor Überraschungen gefeit, auch nicht vor mir selbst.

Da finde ich es ausgesprochen beruhigend, dass ein anderer mich kennt: Gott, und ich stelle mir vor, dass er mit wohlwollendem Blick mein Leben verfolgt, auch meine geheimen Sehnsüchte, meine tiefsitzenden Sorgen und Ängste – und auch all die Kapriolen, die ich im Laufe meines Lebens so schlage. Paulus bringt es für mich auf den Punkt: „Jetzt erkenne ich unvollkommen, dann aber werde ich durch und durch erkennen, so wie ich auch durch und durch erkannt worden bin“ (1 Kor 13,12). Ich muss mich bescheiden mit meiner begrenzten Selbsterkenntnis. Und gleichzeitig bin ich voller Hoffnung, dass all die Puzzleteile meines Lebens bei Gott einmal zur Vollendung kommen. – Ein hoffnungsvoller Gedanke.

Ich weiß nicht, ob ich mir im Alter einmal all die verschiedenen Fotos anschauen werde, die mich an meine verschiedenen Lebensstationen erinnern. Aber eigentlich reicht es mir zu wissen: Gott weiß, wer ich bin. Er kennt mich, wohl besser als ich mich selbst. Andere mag das erschrecken. Für mich ist es eher beruhigend, weil ich weiß, dass er es gut mit mir meint. Und nicht nur mit mir.

Ich bin Peter Klasvogt aus der Kommende Dortmund.

Kommen Sie gut durch den heutigen Tag!

Nachweis:

O Mensch! Gib acht!

Was spricht die tiefe Mitternacht?

„Ich schlief, ich schlief -,

Aus tiefem Traum bin ich erwacht: -

Die Welt ist tief,

Und tiefer als der Tag gedacht.

Tief ist ihr Weh -,

Lust – tiefer noch als Herzeleid:

Weh spricht: Vergeh!

Doch alle Lust will Ewigkeit -,

- will tiefe, tiefe Ewigkeit!“

-Friedrich Nietzsche-

* Friedrich Nietzsche, Also sprach Zarathustra, Kritische Studienausgabe KSA 4, 19882, 404 (hier zitiert nach: Kröners Taschenbuchaus Bd. 75, S.359).

** Copyright Vorschaubild: Public Domain Pixabay

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