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Kirche in WDR 4 | 03.02.2016 | 08:55 Uhr
Zwischen-Zeit
Guten Morgen! Das neue Jahr hat schon ziemlich Fahrt aufgenommen. Und ich habe mir vorgenommen, mich nicht zu schnell wieder einfangen zu lassen von dem Tempo. Meine kleine Hilfe ist eine Weihnachtskarte vom letzten Jahr. Die habe ich mir auf meinen Schreibtisch gestellt.
Ganz bewusst vor ein paar Wochen in der Zeit zwischen den Jahren. Die Weihnachtstage waren vorüber – der Jahreswechsel stand bevor. Ich zog Bilanz. Zwischen dem was war und dem was kommt. Zwischen dem Fröhlichen und Schönen und dem Schweren und Belastenden. Zwischen den Jahren, da steht die Zeit irgendwie still. Und diese Woche Anfang Februar ist ja auch irgendwie eine Zwischen-Zeit. Heute noch normaler Alltag, aber morgen schon Feiern und Party an Karneval.
Ein buntes, ausgelassenes Treiben. Zumindest im Rheinland. Und nach sechs fröhlichen Tagen beginnt dann die Fasten- und Passionszeit. Wieder eine Zeit des „Zwischen“ bis Ostern.
Und ein Wechselbad der Gefühle. Wenn die Verkleidung bis zum nächsten Jahr in der Kiste verschwindet. Wenn die Maske abgelegt, das Gesicht abgeschminkt ist.
Wenn die Feierlaune der Nüchternheit weicht.
„Zwischen-Zeiten“ - gut, dass es sie gibt. Ich kann innehalten, mich neu sortieren,
nochmal überlegen. Ich kann das was war, abgeben und auf das was kommt, zugehen. Zwischen-Zeiten strukturieren den Alltag, geben meinem Leben Rhythmus und Halt.
Legen Zeiten fest. Wenn auch nur in meinem Kalender. In der Geschäftswelt ist das längst anders. Da geht Weihnachten gleich in den Karneval über. Da gibt es Osterhasen schon ab Aschermittwoch und Wintersachen im Herbst. Da wird die Mode fürs kommende Frühjahr bereits ein Jahr zuvor präsentiert. Da scheinen Rhythmus und Zwischen-Zeiten aufgehoben. Ohne Unterbrechung.
Sprecher: „Du sollst dich selbst unterbrechen. Zwischen Arbeiten und Konsumieren soll Stille sein.“
Autorin: So steht es auf der Weihnachtskarte, die ich als Erinnerung auf meinen Schreibtisch gestellt habe. Sie hat mich zum Nachdenken gebracht. Als ich sie las, war ich in meinen Gedanken bereits bei dem, was das neue Jahr schon wieder alles an Aufgaben bringt. Hatte Pläne im Kopf und große Projekte. Da las ich die Worte noch einmal: Du soll dich selbst unterbrechen. Ruhe und Innehalten mitten in Arbeit und Pflicht. Im Wechsel der Zeiten.
Sprecher: „Zwischen Wegschaffen und Vorplanen sollst du dich erinnern an den ersten Schöpfungsmorgen, deinen und aller Anfang, als die Sonne aufging ohne Zweck und du nicht berechnet wurdest in der Zeit, die niemandem gehört außer dem Ewigen.“
Autorin: so heißt es weiter auf meiner Karte. Ja, Das wünsche ich mir: Gottes Geschöpf sein, zu nichts verzweckt und berechnet. Nicht geschäftig und getrieben. Frei, mit Zeit und Muße. Zeit für das Zwischen. Auch auszuhalten, dass manche Tage dabei still sind, ohne Zweck und Ziel.
Mir hat meine Weihnachtskarte geholfen, mir das noch einmal neu bewusst zu machen. Ja, diese Woche im Anfang Februar ist auch irgendwie eine Zwischen-Zeit. Heute noch normaler Alltag, aber morgen schon Feiern und Party an Karneval. Und nach sechs fröhlichen Tagen beginnt die Fasten- und Passionszeit. Für Christinnen und Christen ist das die Zeit bis Ostern. Sie erinnert an den Leidensweg Jesu bis zu seinem Tod am Kreuz. Manche nehmen diese Zeit ganz bewusst wahr. Sie verzichten auf liebgewonnene oder eingefahrene Gewohnheiten in ihrem Alltag und lassen sich ein auf Unterbrechung und die Zeit dazwischen. Möge es gelingen, wünscht Pfarrerin Christiane Neufang aus Köln.