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Kirche in WDR 4 | 25.03.2016 | 08:55 Uhr

Den Tod umarmen

Guten Morgen!

Seit zwanzig Jahren schon lebt meine alte Freundin mit dem Krebs in ihrem Körper. Unzählige Therapien haben den Krebs immer wieder eingedämmt. Die Krankheit war da – und irgendwie auch nicht. Meine Freundin wohnt weit weg, im Ausland. Darum sehe ich sie nicht oft. Als ich sie zuletzt besuche, ist etwas anders geworden. Lange reden wir über dies und jenes aus dem Alltag. Dann frage ich sie, wie es ihr wirklich geht: „Mit deinem Krebs, das muss doch wie ein Leben am Abgrund sein?“ Sie schluckt. „Nicht am Abgrund, sondern im Abgrund.“ Dann kommen ihr die Tränen. Wir schweigen. Später nehme ich sie in den Arm – wir halten uns lange fest. Auch mir kommen die Tränen.

Ein dichter Moment, so traurig er auch ist. Wir sprechen nichts mit Worten aus, aber das gemeinsame Schweigen, das Einander-Festhalten und die Tränen sagen alles. Der Tod ist irgendwie nahe. Wir fühlen, wie begrenzt und zerbrechlich unser Leben ist. Und spüren zugleich, wie kostbar alles ist, wie wichtig wir uns sind.

Es ist, als hätten wir den Tod umarmt und nicht mehr verdrängt, was so schrecklich wahr ist: Das Leben ist begrenzt; der Tod macht auch vor uns keinen Halt. Dieser Moment unserer Umarmung hat gut getan.

Ich glaube, wir brauchen solche Momente, in denen wir den Tod umarmen und unsere menschliche Hinfälligkeit annehmen lernen. Jeder von uns trägt doch die Angst vor der endgültigen Grenze des Lebens in sich. Darüber schweigen, wegsehen und verdrängen hilft nicht. Die Angst bahnt sich ihren Weg.

Heute, am Karfreitag denke ich an eine Szene aus der Geschichte vom Tod Jesu, es ist die letzte Station des traditionelle Kreuzweges. Maria hält ihren Sohn im Arm, er liegt tot auf ihrem Schoß. „Pieta“ – heißt diese Darstellung in der Kunstgeschichte. In allen Kirchen, in denen Pieta-Darstellungen zu finden sind, zünden unzählige Menschen Kerzen vor der trauernden Maria und ihrem toten Sohn an. Sie verweilen dort einen Moment, sprechen in Stille ihre Sorgen, Ängste und Traurigkeiten aus. Viele Tränen fließen dort.

Es gibt offensichtlich auch eine stille Sehnsucht danach, der Traurigkeit angesichts des Todes ins Auge zu sehen. Aber im Alltag gibt es dafür selten Raum. Über den Tod schweigen die allermeisten Menschen lieber, haben Angst vor ihrer eigenen Zerbrechlichkeit. Tränen werden unterdrückt. Ich weiß ja nicht, ob ich sie aushalte. Sie legen ja meine Verletzlichkeit offen in einer Welt, in der Starksein angesagt ist. Da tut es gut, sich zur traurigen Maria zu stellen; da darf auch meine Traurigkeit sein.

Es tut gut, Traurigkeit miteinander zu teilen, Tränen mal laufen zu lassen, und auch einander den Schmerz einzugestehen, den sicher jeder Mensch von Zeit zu Zeit verspürt. Das tut gut und hilft, das Leben anzunehmen und zu ertragen, wie es ist.

Es klingt paradox: Der traurige Moment mit meiner alten Freundin war zwar schwer, aber er hat gut getan – uns beiden, wie ich glaube. Es wäre schlimmer gewesen, wenn wir uns nicht eingestanden hätten, was doch da war: Der Schrecken und die Traurigkeit der Krankheit und des bedrohlich nahen Todes. Es war auch ein Zeichen, wie kostbar doch unser Leben ist, wie sehr wir einander mögen.

Wir brauchen solche Momente, in denen wir dem Tod ins Auge schauen. Davor weglaufen geht nicht. Heute, am Karfreitag, ist ein guter Tag dafür, sich dem Tod zu stellen.

So wünsche ich Ihnen einen besinnlichen Karfreitag.

Ihr Klaus Pfeffer, Generalvikar in Essen

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