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Kirche in WDR 4 | 09.04.2016 | 08:55 Uhr
Der Dienst an den Tischen
Guten Morgen. Manchmal ist es notwendig, Aufgaben abzugeben. Du kannst nicht wirklich immer alles tun. Diese Erkenntnis gab es schon bei den ersten Christen der Jerusalemer Urgemeinde. Davon berichtet eine Passage in der Apostelgeschichte, die heute in katholischen Gottesdiensten vorgetragen wird. Die Apostel rufen darin die Gemeinde zusammen und bitten sie, sieben Männer auszuwählen „von gutem Ruf, voll Geist und Wahrheit“, damit diese den „Dienst an den Tischen“ versehen. So wollten die Apostel wieder mehr Zeit für den „Dienst am Wort“ haben und sich ihrer eigentlichen Aufgabe widmen, die letztlich Jesus ihnen gegeben hatte. Sie hatten bemerkt, dass das ganze Management der immer größer werdenden Gemeinde sie immer mehr vom Kern ihrer eigentlichen Tätigkeit abbrachte. So kamen sie auf die Idee, Menschen durch diesen Dienst am Auftrag Jesu zu beteiligen. Auch die Mitglieder der Gemeinde fanden diese Idee gut – und sie bestimmten diese sieben Männer, die heute als die „sieben Ur-Diakone“ bezeichnet werden. Und so gibt es bis heute in der katholischen Kirche Amtsformen, die auf die Zeit der ersten Christen zurückgehen: Priester, Bischöfe, und eben auch das Amt des Diakons. Wobei: Diakon sein – das galt über Jahrhunderte hinweg nur noch als bloße Durchgangsstation zum priesterlichen Dienst. Erst das Konzil vor 50 Jahren hat den Dienst des Ständigen Diakons „wiederentdeckt“ und mit neuem Leben erfüllt.
Ständiger Diakon sein bedeutet, dass man nicht mehr das Priesteramt anstrebt. Dagegen ist es den Diakonen gestattet, zu heiraten und einen ganz normalen Beruf zu haben. Es gibt auch Diakone, die sind KFZ-Mechaniker. Aber neben ihrer Arbeit stellen sie sich in den „Dienst an den Tischen“, wie es in der Apostelgeschichte heißt. Und das bedeutet, dass sie „Diener der Armen“ sind – um es einmal modern auszudrücken. Sie zeigen, dass die Versorgung der Menschen mit allem Lebensnotwendigen, selbstverständlich als eine Aufgabe der Gemeinde und ihrer Amtsträger wahrgenommen wird. Dabei kommen vor allem die Menschen in den Blick, die im alltäglichen Leben einfach zu kurz kommen. Sich ihnen zuzuwenden und ganz praktisch eine Hilfe zum Leben zu bieten, ist eine der Grundaufgaben eines Christenmenschen und der Kirchen insgesamt. Der Diakon steht dafür – auch wenn er in einem katholischen Gottesdienst neben dem Priester am Altar steht. Quasi als Gesicht und ja, Anwalt des Dienstes an den Armen.
Ich wünsche mir, dass viele Menschen einen Zugang zu diesem erfüllenden Dienst finden. Ich weiß, dass sich seit einiger Zeit auch Frauen um die Zulassung zu diesem Dienst bemühen, der ihnen bislang nicht möglich ist. Vielleicht gelingt es aber auch, jenseits des „offiziellen“ „Dienstes an den Tischen“ Menschen für diese Aufgaben zu begeistern.Ein bisschen Diakon sein kann eigentlich jeder – es gibt genügend Aufgabenfelder, die jeder nach seinen Fähigkeiten bewirtschaften kann. Unabhängig von Berufsstand, Alter oder Geschlecht. Ich glaube sogar, auch jenseits der Konfessions- und Religionsgrenzen hinweg wird eine Gesellschaft besser, wenn in ihr Menschen wohnen, die genau das auf sich nehmen, was Diakone auch machen: mitten im Leben stehen und zugleich den Blick für die Mitmenschen nicht zu verlieren – im besten Sinne „Kümmerer“ zu sein.
Ich wünsche Ihnen dazu einen wachen Blick auf ihre Mitmenschen und ihre Nöte, Ihr Pfarrer Ulrich Clancett aus Jüchen.