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Kirche in WDR 4 | 19.01.2017 | 08:55 Uhr

Hotel Angst

Guten Morgen.

Ein Luxushotel der Jahrhundertwende, an der italienischen Riviera. Schmiedeeiserne Balkone und Stuck an der Fassade, ein mächtiges Portal mit Zinnen. Eine geschwungene Treppe führt herab zur Auffahrt und in den Park mit Palmen. Eine herrschaftliche Einfahrt zwischen zwei behauenen Steinsäulen.

Darauf kunstvoll geschmiedet ein Schild mit dem Namen des Hauses: Angst. Das Hotel Angst gibt es wirklich. Im vorletzten Jahrhundert von dem Schweizer Adolf Angst als eines der ersten Luxushotels überhaupt gebaut. Mit fließend warmem Wasser in allen Zimmern und elektrischem Licht. Tennisplätze, Bridge Club, Friseur - alles da. Seit vielen Jahren allerdings ist das Hotel eine Ruine.

Die kunstvollen Fassaden bröckeln. Die herrschaftlichen Treppenhäuser sind verlassen, die Jalousien hängen schief und halb verrottet in den scheibenlosen Fenstern. Die Einfahrt wird von einer wild wachsenden Palme blockiert. Eine Kombination von großer Pracht und starkem Verfall mit einem unheimlichen Namen. Wie die Ruine heute dasteht, ist sie ein Sinnbild für die menschliche Angst. Denn so ein Hotel Angst steht ja nicht nur in Italien, es ist überall auf der Welt zu finden, in jedem Leben. Wer ist da nicht schon mal abgestiegen.

Das Hotel Angst schützt vor Gefahren, vor welchen, die es wirklich gibt, und vor vermeintlichen. Darum hat das menschliche Hotel Angst so viele Bewohner. Und deshalb gibt es so viele Gründe, warum Leute da einchecken. Paul zum Beispiel. Er hat Angst vor einer Klassenarbeit und wird krank, damit er sie nicht mitschreiben muss.

Oder Michael. Er ist Mitte fünfzig und hat Angst seinen Job zu verlieren. Bis in die Nacht spielt er am Computer, um sich abzulenken. Und auch Christina checkt ein im Hotel Angst. Sie sorgt sich um den Wohlstand in unserem Land, weil hier jetzt so viele Fremde mit durchzubringen sind. Sie hat Angst davor, dass ihre Kinder und sie sozial absteigen und sucht nach Schuldigen.

Und selbst fromme Männer checken im Hotel Angst ein. Ein Mönch hat Angst und stürzt sich in Gebete, arbeitet wie ein Wahnsinniger, beichtet wie verrückt und fastet, bis er nur noch Haut und Knochen ist. Der Mönch heißt Martin Luther. Sein Angst-Hotel hat eine 24-Stunden-Rezeption. Sieben Tage die Woche. Luther fürchtet sich vor Gott, vor Strafe und Gericht – und dass sein Leben sinnlos ist und letztlich überhaupt nichts bringt.

Obwohl Angst kein gutes Gefühl ist - das Leben in einem Hotel hat Vorteile. Da ist für alles gesorgt. Man muss nur zahlen und bekommt alles, was man will. Manche Prominente nutzen das. Boris Becker, Coco Chanel und Udo Lindenberg haben in Luxushotels gewohnt. Hierfür braucht es nur das nötige Kleingeld. Wer sich aber im Hotel Angst einrichtet, bezahlt mit der Freiheit, mit der Hoffnung, mit seiner Lebensfreude.

Luther hat irgendwann ausgecheckt. Beim Studieren der Bibel hat er auf einmal gemerkt: Es reicht, auf Gott zu vertrauen, um aus dem Hotel Angst herauszukommen. Sonst muss ich nichts tun. Ich muss kein tadelloses Leben vorweisen. Ich darf sein, wie ich bin. Es muss ein unbeschreibliches Erlebnis für ihn gewesen sein, endlich aus dem Hotel Angst auszuziehen. Endlich ist er frei von der Angst zu versagen und kann sein Leben neu in Angriff nehmen.

Bis heute gibt Luther mit seiner Entdeckung allen Dauergästen im Hotel Angst einen Schubs, damit auch sie den Ausweg aus dem Gebäude ihrer Angst finden.

Ihre Barbara Schwahn, Pfarrerin in Düsseldorf.

Nach: Ralf Drewes, Reformation - Auschecken aus dem „Hotel Angst“, Predigt zum Reformationsfest 2016, in: Werkstatt für Liturgie und Predigt, Oktober 2016, S. 341/42.

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