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Kirche in WDR 4 | 21.01.2017 | 08:55 Uhr
Wem gehört die Stadt?
Guten Morgen.
„Wem gehört die Stadt?“ malt ein Affe mit lila Farbe auf eine Mauer. Das Bild hängt in meinem Büro neben dem großen Stadtplan von Düsseldorf. Wem gehört die Stadt? Das fragt eine Gruppe von Künstlern. Sie bemalen Flächen im öffentlichen Raum mit bunten Bildern: triste Unterführungen, Bauzäune oder Mauern. In meinem Stadtteil zuletzt eine Häuserwand. Mittlerweile sind die Künstler um den Düsseldorfer Klaus Klinger ein gemeinnütziger Verein und heißen Farbfieber e.V..
Alles hat in den 1970-er Jahren begonnen. Da waren sie Kunststudenten und bemalten Häuser, um sie so vor dem Abriss zu schützen. Gleichzeitig wollten sie die Kunst aus den Museen holen, in denen sie nur wenige betrachten konnten. Wem gehört die Stadt. Mit dieser Frage möchten die Künstler von Farbfieber zum Nachdenken anregen. Ihre Antwort ist eigentlich klar: Öffentliche Flächen gehören allen Bewohnern der Stadt: Einheimischen wie Zugereisten aus aller Welt, Kindern wie Erwachsenen, gut Bürgerlichen genauso wie Freaks, Wohlhabenden genauso wie Armen. Immer wieder malen Kinder und Jugendliche mit und bekommen so eine Stimme in der Stadtgesellschaft. So bunt wie die Menschen sind, soll auch ihr Lebensraum gestaltet sein. Für alle ist er da. Und alle dürfen mitmachen.
Künstler aus aller Welt unterstützen Farbfieber. Seit letztem Jahr gibt es so genannte Weltbaustellen in ganz Nordrhein-Westfalen. Künstler aus Südamerika kommen, um große öffentliche Kunstwerke zu schaffen. Sie malen und sprechen miteinander. Tauschen sich darüber aus, wie sie sich die Welt vorstellen. Auch darum geht es, dass diese so unterschiedlichen Menschen sich verstehen lernen. Wem gehört die Welt? Die Frage stellen sie sich als nächstes. Die Welt gehört nicht allein den Bewohnern der nördlichen Halbkugel, die optimale Lebensbedingungen haben und sie immer noch weiter verbessern auf Kosten des armen Restes der Welt.
Gerade erleben wir es, wie Menschen ihr Leben aufs Spiel setzen, um der Armut zu entkommen und an unserem Wohlstand teilzuhaben. Die Welt mit Farbe und Pinsel verändern- sind das nicht grenzenlose Träumer, diese Farbfieberkünstler? Idealisten? Bestimmt. Wie gut, dass es sie gibt. Sie halten die Vision aufrecht, dass es in der Welt einmal gerecht zugehen könnte. Und diese Vision brauchen wir, damit wir uns dahin auf den Weg machen.
Wem gehört die Welt? Da fällt mir ein Lied aus meiner Kindheit ein: „Meinem Gott gehört die Welt, meinem Gott das Himmelzelt, ihm gehört der Raum, die Zeit. Sein ist auch die Ewigkeit.“ Auch so gesehen ist es nur gerecht, möglichst vielen Menschen Zugang zu verschaffen zu dem, was die Welt bietet. Denn eigentlich gehört sie keinem Menschen, sondern Gott. Ihm verdanken wir sie. Und ihm sind wir alle gleich viel wert, überall auf der Erde. Jede und jeder einzelne.
Ihre Barbara Schwahn, Pfarrerin in Düsseldorf.
Evangelisches Gesangbuch, Nr. 408
Weitere Informationen: www.farbfieber.de