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Sonntagskirche | 09.07.2017 | 08:55 Uhr

„Wer weiß, ob es wahr ist...

Guten Morgen.

So ein entspannter Sonntagmorgen lädt manchmal zum Nachdenken ein. Mir geht das in der Stille meiner Wohnung oft so. Der Genuss der Ruhe lädt geradezu dazu ein, sich den ein oder anderen Gedanken noch mal auf der Zunge zergehen zu lassen. So ging es mir vor einigen Wochen. Der Kaffee lief, das Ei wurde gerade fertig, der Sonntags-Frühstückstisch war gedeckt. Und es ging mir ein Satz nicht aus dem Kopf, der von einem Theologen stammt, der sonst für seine gepfefferten Worte bekannt ist, hier aber zweifelnd, zögerlich spricht. Ich rede von Martin Luther. Und dessen Satz habe ich kürzlich in einer Predigt gehört zum Anlass des Reformationsgedenkens, hier in der Gegend, in Mönchengladbach. Pfarrer Albert Damblon hat über einen Besuch des Reformators Luther in der Herzstadt des Katholizismus gepredigt: seine Pilgerreise nach Rom. Wie viele Pilger vor ihm und nach ihm, zog es Luther zur „Heiligen Stiege“. Der Überlieferung nach die Treppe, die mit ihren 28 Stufen zum Palast des Pilatus in Jerusalem hinaufführte. Diese Stufen soll Jesus hinaufgestiegen sein, kurz vor seinem Tod. Deshalb ist es seit Jahrhunderten Brauch, die Stiege auf Knien zu erklimmen und auf jeder Stufe ein Vater Unser zu beten. Luther selbst war noch Mönch, als er 1510 oder 1511 im frommen Brauch auf Knien die Heilige Stiege hochgegangen ist. Er hatte sich förmlich hochgebetet. Und genau daran hat sich Luther, Jahre später erinnert und davon erzählt:

Sprecher:

„So wollte ich in Rom meinen Großvater aus dem Fegefeuer erlö-sen, ging die Treppe Pilati hinauf, betete auf jeder Stufe ein Vaterunser… Es herrscht die feste Überzeugung: Wer so betete, erlöste eine Seele. Als ich aber an die Spitze gelangte, kam mir der Gedanke: Wer weiß, ob es wahr ist?“

„Wer weiß, ob es wahr ist?“ – Dieser Satz hat mich durchgerüttelt. Und er tut es noch immer: Gerade jetzt in der Stille des Sonntagmorgens. Zwischen Kaffee und Früh-stücksei. Was hat eigentlich noch Bestand? In dieser Zeit der Unsicherheiten, in der ein Halt nach dem anderen wegbricht – muss da der Glaube nicht eigentlich sicher und über jeden Zweifel erhaben sein? Und dann dieser Satz: „Wer weiß, ob es war ist“.

Mir fällt der Abschluss des Matthäus-Evangeliums ein. Kurz vor dem sogenannten „Taufbefehl“ schildert der Evangelist die Begegnung des auferstandenen Jesus mit seinen Jüngern. Als er kommt, fallen sie nieder, und dann steht da: „einige aber hat-ten Zweifel...“ Mir ist diese Stelle sehr sympathisch: Menschen wie du und ich, Men-schen, die auch Zweifel haben: Die Jünger, die tagein, tagaus mit ihm zusammenwaren. Auch sie konnten das nicht alles erfassen – und hatten, wie jeder normale Mensch auch, ihre Zweifel. Jesus erkennt das – er hält ihnen keinen belehrenden Vortrag, sondern macht ihnen eine ungeheure Zusage, ein Geschenk: „Und siehe, ich bin mit euch alle Tage bis zum Ende der Welt.“

Natürlich kann man auch hier wieder mit Martin Luther fragen: „Wer weiß, ob es wahr ist?“ Doch es wird ein kleiner, aber deutlicher Unterschied erkennbar: Einmal handelt es sich um eine relativ unsichere, menschliche Überlieferung, zum anderen um ein Wort Jesu. Der macht uns – in aller Freiheit – ein Angebot: Uns nicht im Stich zu lassen. Egal was passiert. Das macht mir Mut an diesem Sonntagmorgen – auch bei aller Frage „Wer weiß, ob es wahr ist...“ Und es macht mir Mut, die Frage immer wieder neu zu stellen – vor allem denen, die mir etwas vom Glauben erzählen wollen, etwas davon, was richtig und was nicht richtig ist. Da, glaube ich, ist diese Frage schon eher angebracht. Denn die, die es immer schon genau wussten, haben mindestens genauso oft Unheil über die Menschen gebracht. Und da tut mir die Frage gut – weil sie mich aus rein menschengemachten Zwängen befreit.

Ich gieße mir jetzt meinen Kaffee ein, genieße das Frühstücksei und denke vielleicht noch etwas nach. Ihr Pfarrer Ulrich Clancett aus Jüchen.

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