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Kirche in WDR 4 | 08.01.2018 | 08:55 Uhr
Neustart
Jetzt geht’s also wieder los – mit dem Alltag im Neuen Jahr. Die Schulferien sind vorbei. Spätestens heute läuft überall der normale Trott wieder an! Ich mag diesen gefühlten Neuanfang nach dem Jahreswechsel. Klar, im Grunde läuft alles wieder weiter, wie vor Weihnachten. Und doch vermittelt mir der Jahreswechsel das Gefühl von Neustart. Etwas erholt nach dem Endspurt vor Weihnachten, aber auch erfüllt vom Zauber der Feiertage zum Jahreswechsel. Mit dem alten Jahr sind auch – gefühlt – alte Lasten weg; und ein neues Jahr eröffnet neue Chancen.
Dumm nur, dass das Gefühl schnell verfliegt. Eine Studie aus dem letzten Jahr belegt das: Da hatten sich zum Jahreswechsel 50 Prozent der Deutschen einen Neustart in Sachen Sport vorgenommen. 46 Prozent wollten ein paar Pfunde von ihrem Gewicht loswerden. Und immerhin elf Prozent wollten den Konsum von Alkohol oder Zigaretten runterschrauben. Tja: Schon in der zweiten Januarwoche hatte ein Viertel der Leute ihre Vorsätze wieder aufgegeben – also quasi heute.
Sollte man es also gleich lassen mit dem Neustart? Ich bin mir nicht sicher. Die Umfrage sagt ja nicht, dass alle ihre Vorsätze über Bord geworfen hätten. Sie sagt nur: Es ist schwer, im Leben neu anzufangen. Die amerikanische Psychologin Wendy Wood hat darüber geforscht: Wie geht das mit dem Verändern im eigenen Leben? Warum ist das so schwer?
Sie sagt: Das Leben besteht aus Gewohnheiten. Die sind nicht so einfach zu kippen. Weil wir sie „einfach so“ tun, ohne Nachdenken – vom Zähneputzen über die Zigarette nach dem Essen bis zum abendlichen Fernsehritual. Gewohnheiten machen das Leben leichter. Ich brauche nicht über jeden kleinen Schritt bewusst nachdenken, bevor ich ihn gehe. Aber es gibt Gewohnheiten, die mich nerven. Weil sie mir nicht wirklich gut tun.
Was dann hilft? Wendy Wood sagt: Ein klarer Wille. Und ein paar konkrete Veränderungen in meiner Umgebung. Beispielsweise die Jogging-Schuhe in den Flur stellen, damit sie mich zum Laufen anhalten. Den Fernseher wegstellen, wenn ich ihm abends nicht ständig automatisch verfallen will. Die Bilder meiner Freunde sichtbar irgendwohin legen, damit sie mich daran erinnern, mir Zeit für sie zu nehmen. Ich muss tatsächlich also einen Rahmen schaffen, der mir hilft, das anzugehen, was ich wirklich neu machen will. Ich muss ‘was tun.
Die Journalistin Caroline Emcke hat mir mit einer Formulierung Mut gemacht: Wir Menschen haben „die Begabung zum Anfangen“. Wir sind „geburtliche“ Wesen, die nicht nur einmal geboren sind, sondern die ein ganzes Leben lang geboren werden. Jeden Tag fangen wir neu an. Jeden Tag dürfen wir uns neuen Herausforderungen stellen. Wir haben die Fähigkeit, jederzeit etwas neu und anders zu machen im Leben – wenn wir es denn wollen.
Also dann mal los in den Alltag des Neuen Jahres – es muss ja nicht alles bleiben, wie es war. Wenn ich wirklich will, dann darf ich meiner „Begabung zum Anfangen“ trauen!