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Kirche in WDR 4 | 11.05.2018 | 08:55 Uhr
Brautkleider-Geschichten
Guten Morgen, es ist Mai. Der klassische Monat zum Heiraten. Und so hält es auch das britische Königshaus. Nächste Woche geben sich Prinz Harry und Meghan Markle das Ja-Wort. Und die Zeitungen sind wieder voll von Hochzeitsgeschichten. Über Brautkleider zum Beispiel. Was Meghan Markle trägt, ist noch geheim. Gerade wird darüber spekuliert, welchen britischen Designer sie wohl ausgewählt hat. Für normal Sterbliche gibt es mittlerweile einen besonderen Markt für second hand-Kleider mit Vergangenheit. Eine Düsseldorferin ganz bei mir in der Nähe vermittelt seit letztem Jahr auf Facebook Brautkleider zum Preis von: einem Lächeln.1 Acht Kleider hat sie schon an die Frau gebracht. Es fing mit ihrem eigenen Kleid an, mit dem sie einer anderen Braut eine Freude machen wollte. Als es vermittelt war, meldeten sich einige andere, die ebenfalls ihr Kleid verschenken wollten. Wenn Brautkleider reden könnten. Was da wohl alles zutage käme. In Köln werden Second-Hand-Brautkleider aus den 50-er bis 90er Jahren in einem Laden verkauft, der „vererbt“ heißt. Aber nur solche aus glücklichen Ehen, mit schönen Geschichten. Und jede Verkäuferin gibt der neuen Braut einen Wunsch mit in die Ehe. Manche Geschichten sind allerdings auch tragisch. Vor kurzem las ich über ein Brautkleid, das von privat verkauft wird, aber noch nie getragen wurde.2 Das Kleid war gekauft, die Hochzeit arrangiert. Aber wenige Wochen vorher trennte sich die Braut nach sieben gemeinsamen Jahren von ihrem Verlobten. Sie war alleine auf einer Australienreise und stellte fest: ich vermisse ihn gar nicht. Und wenn sie an die Hochzeit dachte, fehlte ihr jegliche Euphorie. Und auch, als sie wieder zuhause war, „wurde es nicht besser“. Sie hatte das Gefühl, „alles fühlte sich falsch an“. Ihr Bräutigam kämpfte um sie. Aber sie zog zu ihren Eltern und sagte die Hochzeit ab. Das war sehr „unangenehm“ den Gästen gegenüber. Aber im Grunde hat ihr die bevorstehende Feier geholfen, etwas zu klären. Nämlich, ob die Beziehung wirklich tragfähig war. Denn das schönste Kleid und die perfekteste Feier sind keine Basis für eine gelingende Ehe. Und jetzt geht es ihr richtig gut mit der Entscheidung. Die Wahl des Partners fürs Leben hat eben nicht nur mit Äußerlichkeiten zu tun. Bei Kirchlichen Trauungen wünschen sich Paare gerne den Trauspruch: Ein Mensch sieht, was vor Augen ist, Gott aber sieht das Herz an. (1. Samuel 16, Vers 7) Hand aufs Herz: Dass Gott den Blick auf unser Inneres lenkt, ist ja ein Wink mit dem Zaunpfahl, es auch zu tun. Also in Herzensangelegenheiten in sich zu gehen und zu spüren, was sich da tut. Es muss ja nicht immer auf den letzten Drücker sein. Selbst das so traditionsverhaftete englische Königshaus macht es mittlerweile möglich, dass die Prinzen und Thronfolger Bürgerliche heiraten, jetzt im Falle von Meghan Markle sogar eine Schauspielerin in zweiter Ehe. Gut so. Weil es für das dauerhafte Glück zweier Menschen letztlich nicht auf Status oder Schönheit oder sonstige äußerliche Dinge ankommt. Wenn da auch etwas zusammen passt, umso besser. Das verbindet. Aber es ersetzt nicht den Blick ins eigene Herz. Wie heißt es beim Kleinen Prinzen: Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar. Also sehen sie nach in Ihrem Herzen und seien Sie gespannt, was Sie entdecken.
Ihre Barbara Schwahn, Pfarrerin aus Düsseldorf
1 Düsseldorferin vermittelt Brautkleider – und will nur ein Lächeln, in: RP 29.8.2017, rp.online.de
2 Brautkleid zu verkaufen, neu und ungetragen, in: RP 20.4.2018, rp.online.de