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Sonntagskirche | 07.10.2018 | 08:55 Uhr

Dankbarkeitsspeicher

Natürlich hätte er auch einfach Pilze im Supermarkt kaufen können. Aber dass Uli anfing, in den Wald zu gehen, hatte seinen Grund. Naja, man muss sagen, es hatte seinen Ab-Grund. Ullis Sohn war nicht mal 2 Jahre, da kam der ums Leben bei einem tragischen Unfall. Es war auch für mich als Freund extrem hart, Uli in dieser Zeit beizustehen. Die Fragen und Vorwürfe sind in so einem Fall zu groß und ich hatte lange die Sorge, dass die Seele meines Freundes darüber zerbricht. Langsam, aber Schritt für Schritt hat sich Uli zurückgekämpft ins Leben. Und das Pilzesuchen im Wald hat ihm wohl dabei geholfen.

Uli hat mir das damals so erklärt: Mit die größte Herausforderung war für ihn, sich bei allem Verlust wieder beschenkt zu fühlen. Eines Sonntags ging er mit seiner Frau in den herbstlichen Wald: Die Bäume schimmern in den schönsten Farben und doch weiß jeder, dass das ein Vorzeichen des nötigen Absterbens ist, um den Winter zu überstehen. Und genau im Herbst, wenn der Wald sich also gold-rot aufs Sterben einfärbt, ist die Zeit reif für die Pilze.

Ich bin noch nie „in die Pilze gegangen“, wie die Profis sagen. Aber das muss eine besondere Naturerfahrung sein. In die Pilze gehen, das heißt: runter vom Weg, der Spur der Bäume folgen und den wachen Blick schärfen für das, was da unter dem toten Laub lebt. – Und, wenn es der richtige Pilz ist, schmeckt der auch noch herrlich.

Uli hat mir damals gesagt: Jeder Pilz ist wie ein Geschenk. Der hat sich von mir finden lassen. Ja – so hat er das gesagt. Nicht: Ich habe Pilze gefunden, sondern: die Pilze haben sich finden lassen. Natürlich haben Uli und seine Frau sich nach ihren Spaziergängen an einem leckeren Pilzgericht erfreut, klar. Aber, so habe ich das damals verstanden: Die eigentliche Freude bestand darin, dass jeder Pilz sozusagen ihren inneren Dankbarkeitsspeicher angefüttert hat. Als hätte das Leben selbst ihnen einen kleines Geschenk gemacht, oder auch mal ein großes, bzw. einen ganzen Korb voll.

Tja und warum erzähle ich das heute? Weil heute Erntedank ist. Ich selbst gehöre eher zu der Fraktion, die Pilze im Supermarkt kauft. Aber ich frage mich seit dem Gespräch mit Uli, ob ich im Supermarkt jemals so ein Gefühl von Dankbarkeit empfunden habe. Ganz klar: Nein. Mein Dankbarkeitsspeicher füllt sich nicht im Supermarkt, wo immer alles zu haben ist. Dabei ist das alles nicht selbstverständlich. Und das will dieses Fest im Grunde genau sagen: Erntedank ist Dankbarkeit für die Ernte – und damit: Dankbarkeit für das Leben. Dabei geht es um Unverfügbares. Die Landwirte wissen das noch, dass das Anbauen von Lebensmittel zwar viel mit harter Arbeit und Know-How zu tun hat. Aber eben nicht nur: Gerade dieser Dürre-Sommer hat gezeigt, dass am Ende nicht alles verfügbar ist – das Wetter z.B. spielt seine eigene Rolle. Wir Selbstbediener im Supermarkt, wir bekommen das meist nicht mit. Ok, die Gurken sind dann ein paar Cent teurer, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass die totale Verfügbarkeit von Lebensmittel etwas mit uns macht: Der Sinn für das Unverfügbare in unserem Leben schwindet. Und vielleicht trifft es uns dann umso stärker, wenn wir sehen müssen: Nicht alles liegt in unserer Hand.

Ulis Dankbarkeitsspeicher hatte sich nach dem Tod seines Sohnes langsam wieder gefüllt – auch durchs Pilze-Finden. Meine Frage heute an Erntedank für mich: Wo finde ich Dankbarkeit für das Leben, jenseits der Selbstbedienungs-Verfügbarkeit in meinem Supermarktleben?

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