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Kirche in WDR 4 | 01.02.2019 | 08:55 Uhr
Baustelle Leben
Guten Morgen,
sind Sie auch wach geworden vom Geräusch der Presslufthammer von der Baustelle nebenan? Oder dem großen Kran, dem Schaufelbagger, der Betonmischmaschine?
In meiner Nachbarschaft wird gerade viel gebaut. Tiefe Gruben entstehen, Gerüste werden hochgezogen, Beton gegossen. Eine neue Siedlung entsteht. Altes Gemäuer wird abgerissen, neue Wände werden hochgezogen. An vielen Stellen in der Stadt und im Land gibt es Baustellen.
Baustellen machen Lärm, behindern die freie Durchfahrt, produzieren Staub und Dreck.
Da bleibt nur zu hoffen, dass sie bald ein Ende haben.
Aber „Baustellen sind ein Zeichen dafür, dass gerade viel passiert“, hat ein Freund einmal gesagt. Stimmt. Baustelle heißt: Es geht etwas zu Ende, wird abgerissen, damit zugleich auch wieder etwas Neues entstehen kann.
„Das Leben ist eine Baustelle“ – so heißt ein Film aus den 90er Jahren. Er erzählt die Geschichte des unglücklichen Jan. Nichts läuft rund in seinem Leben – er verliert seinen Job und ist durch seine Ex-Freundin vielleicht mit HIV angesteckt. Während einer Straßenschlacht, bei der er am Ende auch noch verhaftet wird, lernt er die Lebenskünstlerin Vera kennen. Er verliebt sich in sie und wagt trotz aller Widrigkeiten einen Neuanfang.
Mich erinnert Jan an Situationen in meinem eigenen Leben. Da gab und gibt es auch immer wieder einige Baustellen, im übertragenen Sinn. Da ging auch schon einmal etwas zu Bruch. Da haben sich Träume und Hoffnungen nicht erfüllt. Da blieb kein Stein auf dem anderen.
Da ist das Leben wie ein Kartenhaus in sich zusammen gestürzt.
So tief wie die Baugrube vor meinem Haus.
Manchmal erzählen ältere Menschen davon. Wie sie gemeinsam oder alleine etwas aufgebaut haben. Als nach dem Krieg alles in Trümmern lag und sie ganz von vorne anfangen mussten. Stein auf Stein. Von Grund auf. Mit Mühe und Anstrengung.
In der Bibel finde ich das in vielen Erzählungen. Dass Menschen etwas gemeinsam aufbauen. Im wörtlichen und im übertragenen Sinn. Der Apostel Paulus schreibt einmal an die Gemeinde in Korinth:
Sprecher: Wir sind Gottes Mitarbeiter. Aber ihr seid Gottes Ackerland. Oder besser Gottes Bauwerk. Weil Gott mich dazu befähigt hat, konnte ich als weiser Baumeister das Fundament legen. Jetzt baut ein anderer darauf weiter. Aber jeder muss aufpassen, wie er weiterbaut! Denn niemand kann ein anderes Fundament legen, als das, das schon gelegt ist. Und das ist Jesus Christus. (1. Korinther 3,9-11, Basisbibel)
Autorin: Paulus möchte die Menschen in Korinth zum Nachdenken bringen. Wie ein Baumeister hat er einen festen Grund gelegt. Er hat vom Glauben an Jesus Christus gepredigt. Das war und ist sein Fundament. Und er wollte, dass die Gemeindemitglieder darauf die Gemeinde weiter aufbauen. Und so begannen damals in Korinth muntere Bauarbeiten: Mitten in der quirligen Hafenstadt mit Arbeitsmigranten, Matrosen, Handwerkern und einigen wohlhabenden Frauen und Männern.
„Baustellen“ - sie werden uns wohl ein Leben lang begleiten. Ob als Kind mit Bauklötzen oder Lego. Oder als Erwachsener, der immer wieder Neues aufbauen muss und kann.
„Auch aus Steinen, die dir in den Weg gelegt sind, kannst Du etwas Schönes bauen“,
soll Erich Kästner einmal gesagt haben.
Viel Vergnügen dabei!
Das wünscht Ihnen
Pfarrerin Christiane Neufang aus Köln.