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Kirche in WDR 4 | 21.05.2019 | 08:55 Uhr
Die Flüchtlinge
Guten Morgen!
Wir
haben in unserer kleinen Gemeinde mittlerweile insgesamt sechs Flüchtlinge.
Christen aus dem Iran und aus Afghanistan. Dazu kommt eine syrische Familie mit
vier Kindern, um die sich ein Ehepaar aus der Gemeinde intensiv kümmert.
Nun ist es ja schon ein paar Jahre her, dass so viele Geflüchtete auf einmal in
unser Land kamen. Und unsere Kanzlerin sagte: "Wir schaffen das!"
Haben wir das?
Wenn
ich mir so unsere Iraner ansehe:
Der jüngste geht noch zur Schule und schreibt wirklich gute Noten. Er möchte
einmal studieren. Zwei machen eine Ausbildung. Einer als Elektriker, der andere
als Möbelschreiner. Eine junge Frau möchte gerne Erzieherin werden. Nun muss
sie leider noch einen Schulabschluss nachholen. Obwohl sie im Iran zur Uni
hätte gehen können. Die Mutter (bzw. Schwiegermutter) dieser Familie lernt
fleißig Deutsch, sie ist auch erst seit eineinhalb Jahren in Deutschland.
Alle
treffe ich jeden Sonntag im Gottesdienst. Beim Kaffee und Tee danach erinnern wir
uns an die früheren Zeiten: An das Zeltlager, in dem sie in den ersten Monaten
leben mussten. Nicht kalt, aber ungemütlich und ständig war ein Kommen und
Gehen. Wir denken an die gemeinsamen Stunden bei irgendwelchen Behörden, langes
Warten, kurze Klärungen. Oder es fehlte wieder irgendeine Bescheinigung oder
Übersetzung. Wir erinnern uns an das bange Warten auf den Bescheid vom
Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Und an die Freude, als sie geduldet
wurden. An den Schrecken, als eine Abschiebung angedroht wurde. Und die
Erleichterung, als die Sache geklärt wurde. Wir denken an die ersten Wohnungen,
sehr spartanisch eingerichtet mit alten Sachen von Gemeindemitgliedern. Und
gleichzeitig die Dankbarkeit, endlich aus dem Camp herauszukommen. Mittlerweile
sehen ihre Wohnungen richtig schick aus. Die Möbel bezahlt von ihrem eigenen
Gehalt. Und so manche Probleme mit der Mülltrennung, den Rundfunkgebühren oder
Ratenzahlungen gehören der Vergangenheit an. Und irgendwelche
Übersetzungshilfen brauchen wir schon lange nicht mehr, wenn wir uns
unterhalten.
Wenn ich die iranische Familie so beim Kaffeetrinken nach dem Gottesdienst sehe, dann freue ich mich, dass sie hier sind. Das sie unser Gemeindeleben bereichern mit ihrer Fröhlichkeit. Dass sie nun keine Angst mehr zu haben brauchen, wegen ihres christlichen Glaubens ins Gefängnis zu kommen. Oder noch schlimmer.
Und
ich kann sagen: Ja, diese sechs haben es geschafft, mit unserer und mit Gottes
Hilfe.
Wie heißt es in der Bibel: "Unterdrückt die Fremden nicht, die bei euch
leben, sondern behandelt sie wie euresgleichen. Liebt sie wie euch selbst, denn
auch ihr seid Fremde in Ägypten gewesen!" (3. Mose 19,33-34a Übersetzung: Hoffnung für alle)
Ihr Pastor Heddo Knieper aus Herne, gerne!